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Lachen ist gesund

Humor kann auch bei der Heilung von Krankheiten helfen. Spezielle Ausbildungen für Gesundheitsclowns kommen etwa in Kinderkliniken und Altenheimen zum Einsatz

Von Sophie Schrader

„Lachen ist die beste Medizin.“ Das ist keine neue wissenschaftliche Erkenntnis. Schon im Jahr 2000 zeigte eine Studie aus Düsseldorf, dass Patienten, die Heiterkeit und Gelassenheit beibehalten konnten, an weniger körperlichen Beschwerden litten als Menschen, mit negativer Einstellung. Was in den USA schon lange Praxis war, kam Ende der 1990er-Jahre nach Deutschland. Trotzdem lässt der Durchbruch von Humor in der Therapie noch auf sich warten.

Der Einsatz von professionell ausgebildeten Clowns in gesundheitlichen Einrichtungen ist im Vergleich zu anderen Ländern in Deutschland rar. „Deutschland hängt total hinterher“, so Udo Berenbrinker. Zusammen mit Jenny Karpawitz gründete er 1980 die Clown-Akademie Tamala. 1999 kam das Ausbildungsangebot zum zertifizierten Gesundheitsclown dazu, die erste und bis heute einzige staatlich anerkannte Ausbildung zum Gesundheitsclown in Deutschland.

Gesundheitsclowns arbeiten nicht nur in Kinderkliniken. Man findet sie ebenso in Seniorenheimen oder in der Geriatrie. Durch das Lachen werden Stresshormone abgebaut und Endorphine freigesetzt. Das Glückshormon kann das Empfinden von Schmerzen positiv beeinflussen und zur Linderung beitragen. Der Einsatz von Humor ist besonders bei chronischen Krankheiten als Therapieelement sinnvoll. Hilft aber auch in Seniorenheimen gegen Einsamkeit und Eintönigkeit.

Mario, selber Clown, geht vor allem in diese Einrichtungen. „Das müssen hier auch nicht unbedingt Clowns sein. Sich Zeit nehmen und Freude bereiten hilft den Patienten in diesen Einrichtungen ungemein.“ Und das Feedback ist durchweg positiv, trotz mancher Skeptiker im Publikum: „Klar sperren sich manche Patienten oder Bewohner gegen Clowns. Wenn sie dann aber anfangen, bei meinen Liedchen mitzuwippen, weiß ich, dass ich sie doch gekriegt habe.“ Ein Clown muss heute viel mehr können, sagt Mario. Musik und Jonglage sind Standard-Ausstattung.

Arbeit & Ausbildung

Neben der Kunst arbeiten Clowns in therapeutischen, pädagogischen und sozialen Einrichtungen. Zum Clown ausbilden lassen kann man sich in Schulen & Seminaren:

ClownLabor, Crellestraße 29-30 in 10827 Berlin. Dauer: siehe Seminare und Kursangebote.

Schule für Clowns, Private staatlich anerkannte Berufsfachschule, Hofheimer Straße 3, 65719 Hofheim-Lorsbach am Taunus. Dauer: zwei Jahre.

Tamala Clown Akademie, Fritz-Arnold-Straße 23, 78467 Konstanz, Dauer: zwei Jahre.

Kunst des Stolperns – Schule für Clowns, Major-Braun-Weg 12, 85354 Friesing, Dauer: zwei Jahre.

Die Clownschule, Wrangelstraße 97a, 20253 Hamburg. Dauer: neun Monate, Kursangebote.

Clownfischerei, Bredowstraße 45, 10551 Berlin. Dauer: einzelne Workshops.

In Deutschlands Gesundheitssektor herrscht Clown-Knappheit. „Die Kinderkrankenhäuser sind relativ gut aufgestellt. In anderen Einrichtung gibt es jedoch einen Mangel“, klagt Berenbrinker. Das ließe sich ändern, die Nachfrage nach der Ausbildung zum Gesundheitsclown ist groß. Durch Castings im ganzen Land wählt die Akademie die Teilnehmer aus. Im Verhältnis bewerben sich etwa doppelt so viele Interessenten wie Seminarplätze angeboten werden. Vor der Clownsausbildung steht umfangreicher Schauspielunterricht. Theaterspiel, Körpersprache, Mimik und Szenenbau beispielsweise sind grundlegende Techniken. Zur weiterführenden Clowns­ausbildung gehören dann noch die Regeln der Komik und viel Kontaktarbeit. Das sind oft Knackpunkte in der Ausbildung.

Die entkoppelte Freude auf Abruf und keine Scheu vor Kontakt mit dem Publikum sind auch nach Mario die Schwierigkeiten, die als Clown bezwungen werden wollen. Durch Praktika in Krankenhäusern werden Erfahrungen gesammelt und Hemmungen überwunden. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer liegt zwischen 40 und 50. Und das aus pragmatischen Gründen: Die Ausbildung muss trotz staatlicher Anerkennung privat finanziert werden. Die Kosten für zwei Jahre liegen bei knapp 6.275 Euro. „Die Leute können die Ausbildung ohne Arbeit nicht finanzieren“, so Berenbrinker. Durch Seminare am Wochenende ist der Vereinbarkeit von Beruf und Ausbildung entgegengekommen.

Auch Verfahren zur Clownsvermittlung anderer Vereine werden überrannt. Der Rote Nasen e. V. beispielsweise organisiert Auftritte von Clowns in Krankenhäusern. Deutschlandweit beschäftigen sie nur 28 Clowns für 35.000 Patienten. Auf eine offene Stelle melden sich rund 80 Bewerber. Diese haben schon eine Schauspiel- und Clownsausbildung hinter sich und wollen sich mit ihrer Kunstfigur in gesundheitlichen Einrichtungen etablieren. „Gesundheitsclown kann im Prinzip jeder werden“, so Berenbrinker und Mario. „In allen steckt ein Clown, es ist nur eine Frage der Auseinandersetzung mit sich selbst. Man muss bereit sein, an sich zu arbeiten. Dann kann jeder Gesundheitsclown werden.“ Clowns in gesundheitlichen Einrichtungen sind in Deutschland noch nicht so etabliert wie in vielen anderen Ländern. Sollten sie aber. Nicht nur Kindern tut Humor in schweren Zeiten gut. Die Zielgruppe der Gesundheitsclowns: Mensch.

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