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Fabian Kretschmer Seoul CityGesundbleiben als Vollzeitjob mit Knoblauch und Salzwasser

Foto: Regentaucher

Die größte Angst vieler Athleten in Pyeong­chang ist zwar fürs menschliche Auge unsichtbar, kann jedoch jederzeit zuschlagen – ganz gleich, ob beim Catering in den Selbstbedienungs-Mensen oder in den Doppelzimmern im olympischen Dorf. Ein sogenannter Norovirus macht zwischen Pyeongchang und Gangneung die Runde, er verursacht Brechen und Durchfall. Das IOC hat mit Stand vom Sonntag bereits 177 Fälle bestätigt. Zuerst traf es im Vorfeld der Winterolympiade das Sicherheitspersonal. Nachdem sich Dutzende Wachmänner entlang der olympischen Anlagen angesteckt hatten, wurden sie kurzerhand in Quarantäne gesteckt und durch Armeepersonal ausgetauscht. Trotz der Vorsichtsmaßnahmen ist es nur mehr eine Frage der Zeit, wann sich auch der erste Sportler krankmeldet.

Gesund bleiben wird daher für viele Athleten zum Vollzeitjob. Die einen schwören auf Knoblauchzehen, die anderen gurgeln Salzwasser vorm Einschlafen. Die Paranoia vor dem Virus begründet sich auch in den zweistelligen Minusgraden, die jedes noch so fitte Immunsystem an seine Grenzen bringen.

Das kanadische Ski-Team hat sich vorsorglich mit beheizbaren Hosen ausgerüstet, die mit Lithium-Ionen-Batterien betrieben werden. Andere Athleten kleben sich ihr Gesicht mit einem speziellen Pflasterband zu, um die Haut vor Erfrierungen zu schützen. Das norwegische Team schwört laut einem Bericht der New York Times hingegen auf ein uraltes Hausrezept: heiße Schokolade.

Auch in Korea haben die Leute gelernt, mit der Kälte zu leben. Zwar befindet sich die ostasiatische Halbinsel laut Wikipedia in der gemäßigten Klimazone, doch darf man sich von dieser Bezeichnung nicht in die Irre leiten lassen: Die Sommer hier sind tropisch-feucht, die Winter hingegen im wahrsten Sinne des Wortes sibirisch. Winde aus dem Osten Russlands sorgen für trockene Kälte und strahlenden Sonnenschein.

Auf den Straßen Seouls sind es vor allem die Senioren, die gegen jedes Vermummungsverbot verstoßen würden: Zwischen Gesichtsschutz und tief hinuntergezogener Kapuze bleibt weniger nackte Haut bloßgelegt als beim afghanischen Nikab. Die Jugend hingegen traut sich kaum ohne Hotpacks nach draußen: handliche Kissen, die nach mehrmaligem Schütteln wohlige Wärme ausstrahlen. Die einen tragen sie in der Faust, andere hingegen stopfen sich die Hotpacks in ihre Schuhsohlen.

Der größte Verkaufsschlager der olympischen Wintersaison sind jedoch schwarze Daunenjacken, die bis übers Knie reichen. Wer nicht frieren will, muss eben manchmal wie ein Pinguin herumlaufen.

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