Laute Kritik ist ausdrücklich erwünscht

Wenige Ausstellungsobjekte, viel Partizipation: Im Kulturausschuss wird das Konzept der Berlin-Schau im Humboldt-Forum vorgestellt

Von Bert Schulz

Es sind keine zwei Jahre mehr bis zur Eröffnung des Humboldt-Forums, sprich des wiederaufgebauten Stadtschlosses im November 2019. Und noch immer ist das Konzept für dieses Ausstellungshaus unklar. Wie, zum Beispiel, soll die Berlin-Ausstellung aussehen und was soll sie leisten? Am Montag versuchte Paul Spies, Direktor des Stadtmuseums und zugleich Chefkurator für die Berlin-Schau im Humboldt-Forum, im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses ein bisschen Klarheit zu schaffen.

Spies, der sich in den Niederlanden als innovativer Museumsmacher einen Namen gemacht hat, soll auch in Berlin die städtischen Museen in die Gegenwart katapultieren. Im Humboldt-Forum werden denn auch nicht Ausstellungsobjekte zur Berliner Geschichte die zentrale Rolle spielen, denn die könne man ja schon in anderen Häusern wie dem Märkischen Museum anschauen, sondern Geschichten. „Wir machen nichts noch mal“, betonte Spies vor den Abgeordneten.

Die im Vergleich mit den anderen Ausstellungsflächen im Stadtschloss recht kleine Berlin-Schau im ersten Stock soll eine Verbindung zwischen den anderen Museen im Haus herstellen. Ein Großteil des Humboldt-Forums wird vom Ethnologischen Museum und dem Museum für Asiatische Kunst bespielt werden, beide waren bisher in Dahlem untergebracht. „Wir bauen mit unserer Schau eine Brücke nach außen in die Stadt und in den zweiten und dritten Stock“, sagte Spies.

Insgesamt elf „Aspekträume“ will er einrichten. Sie stehen unter Überschriften wie Revolution, Grenzen, Krieg, Mode, Freiräume oder Migration. Dort sollen die Besucher intensiv einbezogen werden. „Und wir wollen Fragen beantworten wie: Von woher kam die Revolution, welche Rolle spielte Berlin dabei und wie würde eine neue Revolution aussehen.“

Verantwortung benennen

Beim Mode-Raum sollen zum Beispiel die Arbeitsverhältnisse thematisiert werden. „Berlin war im 19. Jahrhundert eine wichtige Modestadt. Hergestellt wurde sie in Heimarbeit für wenig Geld – ganz ähnlich wie heute in vielen Ländern“, sagte Spies. So soll die Berlin-Schau die Verantwortlichkeit der Menschen in westlichen Großstädten allgemein thematisieren: Es gehe also nicht nur um Berlin allein.

Vier kleinere Räume werden von Partnern autark bespielt, Spies sprach von „Quer- und Freidenkern“. Und schon in der Vorbereitung gebe es eine breite Zusammenarbeit „vom Schwulen Museum bis zur Bürgerstiftung Neukölln“.

Kultursenator Klaus Lederer (Linke) betonte den Diskurscharakter der Berlin-Schau und deren Flexibilität. Er wünscht sich eine „Dauerausstellung, die sich dauernd verändert“. Und sie müsse Wellen schlagen: „Wir erwarten, dass die Ausstellung Kontroversen erregt.“ Passiere das nicht, sei es die falsche Ausstellung.

Derzeit läuft sie unter dem Titel „Berlin und die Welt“. Ob das so bleibt, ließ Spies offen. Unklar blieb am Ende der Sitzung auch, ob die Schau für alle kostenlos sein wird. „Das ist eine komplexe Debatte“, so Lederer. Was auch für das gesamte, insgesamt 600 Millionen Euro teure und weitgehend vom Bund finanzierte Humboldt-Forum gilt.