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Fabian Kretschmer Seoul CityVon der Reichweite der Hände und der rechten Schreibweise der Olympiaregion

Wer hätte das gedacht: Die Organisatoren von Pyeongchang haben einen der größten Korruptionsskandale des Landes fast unbeschadet überstanden und selbst Kim Jong Un durch Sportdiplomatie vorübergehend gezähmt. Dabei tat sich die größte Herausforderung der Olympischen Winterspiele erst am Abend der Eröffnungszeremonie auf: eine angemessene Sitzordnung für die geladenen Staatsgäste auszuknobeln.

Dagegen ist jedes Sudoku der reinste Pony­hof. Aus Pjöngjang ist schließlich Nordkoreas protokollarisches Staatsoberhaupt angereist, im Anhang mit Kim Jong Uns jüngerer Schwester. Diese wurde jedoch von Washington aus naheliegenden Gründen auf die schwarze Liste gehievt. Womöglich wäre es also besser, die Diktatorenschwester nicht in Handreichweite zu Mike Pence zu platzieren. Der US-Vize­prä­sident hat jedoch bereits von sich aus abgewunken, jeglichen Kontakt suchen zu wollen.

Als natürlichen Abstandhalter hat er zudem Fred Warmbier mitgebracht, der das Regime in Pjöngjang für den Tod seines Sohns Otto anprangert. Südkoreas linke Tageszeitung Han­kyo­reh hat Pence jedoch für seine passiv-aggressive Einladungspolitik einen Rüffel verpasst: Wer lediglich als Gast zu Besuch ist, ruiniere doch bitte schön nicht die Feierlaune.

Als wäre das alles nicht schon heikel genug, gab sich auch Japans Premierminister Shinzo Abe die Ehre. Der hat jedoch nicht nur mit dem nördlichen Korea ein Hühnchen zu rupfen. Der Streitpunkt ist an sich nur ein blauer Klecks auf weißem Hintergrund, zu sehen auf der Einheitsflagge der zwei Koreas. Er soll eine unbewohnte Felsinsel östlich der koreanischen Küste darstellen.

Südkorea nennt sie Dokdo, Japan besteht auf Takeshima. Beide erheben territorialen Anspruch. Es ist kompliziert. 180 Kilometer westlich, in Südkoreas Hauptstadt ­Seoul, ist die Eröffnungszeremonie lediglich als Hintergrundrauschen auf den Fernsehbildschirmen der Kneipen wahrzunehmen. Die Leute genießen lieber ihr wohlverdientes Feierabendbier. Wintersport? Ist nicht so das große Ding hier.

Was jedoch auch schulterzuckende Koreaner instinktiv begreifen: Dass Pyeongchang sehr wohl eine wichtige Sache für ihr Heimatland ist. So war es schon 1988, als sich Südkorea erstmals auf der medialen Weltbühne präsentierte.

Ganz ähnlich war es 2002: Die gemeinsam mit Japan ausgetragene Fußball-WM sorgte nicht zuletzt dafür, dass auch im dunkelsten Winkel Deutschlands die Leute zwischen Nord- und Südkorea zu unterscheiden lernten. Als krönender Abschluss dieser Entwicklung nun als die Spiele von Pyeongchang. Damit sich niemand der Olympiabesucher versehentlich in einen Flieger in die phonetisch ähnlich klingende nordkoreanischen Hauptstadt setzt, haben die Organisatoren kurzerhand die Schreibweise des südkoreanischen Landkreises geändert – von Pyeongchang in „PyeongChang“.

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