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Archiv-Artikel

Röspel gewinnt, Röspel verliert

taz geht wählen - die Serie zur Bundestagswahl am 18. September. Die 64 nordrhein-westfälischen Direktwahlkreise im Porträt. Wer kämpft um die Mandate? Wer sind die Außenseiter? Wer gewinnt? Heute: Hagen-Ennepe-Ruhr-Kreis I

Hagen-Ennepe-Ruhr-Kreis I?

„Touristisch hat Hagen wenig Bedeutung“, so steht es auf der Internetseite der Stadt. Trotzdem: „Urlaub in Hagen“ fordert ein Wahlplakat der CDU, mit Wald drauf und Kühen. Doch der Wahlkreis 139 hat mehr zu bieten: Das Westfälische Freilichtmuseum zum Beispiel. Oder den Märchenwald mit Streichelzoo und Autoscooter. Außerdem sollen „zeitgemäße Pflasterung, moderne Beleuchtung und viel Grün“, sowie ein neues Einkaufzentrum bald für mehr Flair in der Innenstadt sorgen. Wenn das mal nichts ist. Rund 350.000 Wähler, die im Wahlkreis zu Hause sind, dürfen sich freuen.Wer verteidigt den Wahlkreis?

René Röspel (SPD), der den Wahlkreis 139 für „den schönsten der Welt“ hält. Trotzdem zog es ihn vor sieben Jahren nach Berlin. Dort sitzt der Diplom-Biologe der Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ vor. Außerdem nörgelt der „rote Röspel“ gerne mal an seinem Chef herum: Zum Wahlkampf wollte er Kanzler Schröder nicht in Hagen haben. Da steht er lieber selbst im Mittelpunkt: „Man kann nur etwas bewegen, wenn man selbst etwas tut.“ Wird er nicht direkt gewählt, bewegt sich was und zwar Röspel (Listenplatz 36) zurück nach Hagen.

Wer will den Wahlkreis?

Größter Konkurrent des roten Röspels ist ein schwarzer Röspel, Wolfgang von der CDU. Der ist ein Cousin und scharf auf den Posten in Berlin. Dort will der langjährige Geschäftsführer der Caritas sich für familienorientierte Arbeitszeiten und den Ausbau der Kinderbetreuung einsetzen. Bei der eigenen Familie hört die Freundlichkeit auf: Zwar zanken die Kontrahenten nicht öffentlich, gestichelt wird aber trotzdem: „Mein Gegenkandidat versucht, auf dem Ticket ‚Röspel‘ mitzufahren“, sagte René in einem taz-Portrait. Wolfgang fährt schwereres Geschütz auf: Dreist posititionierte er seine Plakate in einem seiner Altenheime. Die CDU-Banderole ersetzte er durch „Unser Geschäftsführer“. Bei der letzten Wahl rief er seine Mitarbeiter per Anschreiben beim Lohnzettel dazu auf, die Finger von der SPD zu lassen. Wenn er die Hagener nicht genügend manipuliert, bleibt er Geschäftsführer. Mit Platz 46 auf der Landesliste hat er keine Chance auf einen Sitz im Bundestag. Der große Außenseiter?

Ralf Sondermeyer von der Linkspartei ist Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Enthinderungspolitik. Nutzt aber nichts, Platz 14 auf der Liste verhindert den Aufstieg nach Berlin. Der knackige Slogan „Nicht irgendeiner – Obereiner“ soll für Jörg Obereiner von den Grünen die Wähler locken. Aussichtslos. Bundespolitisch heißt es dann wohl eher: „Obereiner irgendeiner“. Und auch Diplomkauffrau Lisbeth Buschkühl (FDP) kann nicht auf einem Umzug in die Großstadt hoffen.

Die taz-Prognose?

Die miesen Tricks von Wolfgang werden nichts nützen: Noch ist Hagen SPD-Hochburg, deshalb macht es wohl wieder der rote Cousin. Josefine Fehr