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das portraitBrian Krzanich,Intel-Chef, ist der Meister im Ablenken von Sicherheitslücken

Die Zukunft ist sein Geschäft. Sein Geld verdient er mit digitalen Visionen, die die Menschheit voranbringen sollen. Brian Krzanich, Chef des Chipherstellers Intel, zählt zu den mächtigsten Männern der IT-Branche. Zurückhaltung und Reue passen da nicht dazu – noch weniger als Fehler. Doch genau auf ein Eingeständnis derselben hatte die Tech-Branche gewartet. Schließlich war Intel in den vergangenen Tagen wegen enormer Sicherheitslücken in seinen Mikroprozessoren in die Schlagzeilen geraten.

Aber Krzanich ringt sich bei seinem Auftritt auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas keine Entschuldigung ab. Stattdessen beschwichtigt der 57-Jährige: Die Sicherheitslücke hätte bisher niemand ausgenutzt, um an die Daten der Nutzer zu kommen. Updates sollen Millionen Laptops, Smartphones und Tablets nun vor möglichen Attacken schützen.

Doch damit ist der Fall für Krzanich nicht ausgestanden. In den USA haben Nutzer bereits Sammelklagen gegen den IT-Konzern angekündigt, um Schadenersatz für die unsicheren Chips zu bekommen. Brisant ist zudem: Krzanich verkaufte im vergangenen Jahr einen Großteil seiner Intel-Anteile – und er wusste zum Zeitpunkt des Millionengeschäfts offenbar bereits von der Sicherheitslücke. Warnungen gab es schließlich bereits im Sommer. Krzanich bestreitet jedoch einen Zusammenhang zwischen der Sicherheitslücke und dem Verkauf seiner Aktien und Optionen.

Seit mehr als 30 Jahren arbeitet er für Intel. Eine Eliteausbildung hat Krzanich nicht. An der San José State University studierte er Chemie, bei Intel schuftete er sich vom Ingenieur bis in die Chefetage hoch. Offenbar prägt dieser Werdegang auch seine Personalentscheidungen. Renommierte Universitäten im Lebenslauf und Topabschlüsse würden Krzanich nicht beeindrucken, heißt es. Stattdessen stelle er Bewerbern lieber Fragen, die ihm zeigen, dass sie die Welt weiterdenken. Überraschend ist diese Haltung allerdings nicht: Sie steht ganz im Geist von Silicon Valley.

Auch von der Politik lässt sich Krzanich offenbar nicht beeindrucken. Das zeigte er im USWahlkampf 2016. Als Donald Trump eine Spendenkampagne in seinem Haus abhalten will, sagt er die kurzerhand ab und reiht sich damit in den mehr oder weniger stillen Protest etlicher anderer IT-Konzerne ein.

Vor rund zwei Jahren übernahm Krzanich den Posten des Vorstandsvorsitzenden. Heute sieht er sich als Visionär, als einen, der die Kreativen im Silicon Valley vor sich hertreibt, als einen, der auf der wichtigsten Elektronikmesse weltweit neue Standards setzen will. Statt über die Sicherheit von Nutzerdaten zu sprechen, präsentiert Krzanich der Branche lieber den Volocopter, ein autonom fliegendes Taxi, und jede Menge perfekt inszenierter virtueller Realitäten, die den Menschen auf die Zukunft vorbereiten sollen. Was passiert ist, soll nicht mehr interessieren – weder die Nutzer noch die Branche. Doch beide bleiben wachsam.

Tanja Tricarico

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