heute in hamburg
: „Nicht die Krone der Schöpfung“

Foto: privat

Eva Bohne, 85, ist ehemalige Leiterin der Evangelischen Familienbildungsstätte Lokstedt und Autorin. Sie kämpft für das Ansehen von Menschen mit Behinderung.

Interview Ella Klees

taz: Frau Bohne, warum sprechen Sie gerade über das Thema Behinderung und den Umgang von Religionen damit?

Eva Bohne: Ich bin selbst behindert und habe mit dem Thema viele Erfahrungen gemacht. Ich kämpfe schon seit Jahren für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen und habe auch ein Buch darüber geschrieben. Bei dem heutigen Vortrag konzentriere ich mich nun noch einmal speziell auf die Theologie.

Wo findet man denn Beispiele innerhalb der Theologie zum Thema Behinderung?

Zum Beispiel, wenn Menschen mit Behinderung nicht als vollwertige Menschen angesehen werden, da sie nicht dem erwarteten jeweiligen Ebenbild Gottes entsprechen. Die Menschen werden als Krone der Schöpfung angesehen und da passen Menschen mit Behinderung nicht dazu. Auch im Nationalsozialismus wurden Menschen mit Behinderungen genau wie die Juden verfolgt und getötet.

Wie hat sich der Umgang mit Menschen mit Behinderungen innerhalb der christlichen Gesellschaft entwickelt?

Lange Zeit wurden diese Menschen als „Fragmente“ bezeichnet und nicht als Mensch, noch bis in die 80er-Jahre. Sie wurden als erlösungsbedürftige Objekte angesehen, die nur so zu Gott gelangen könnten, während gesunde Menschen einen direkten Zugang hätten. Als selbst betroffener Mensch kommt einem da der Magen hoch.

Gibt es Unterschiede zwischen den Religionen?

Genaue Unterschiede kann ich nicht benennen, aber alle Religionen haben gemeinsam, dass sie sich nicht gern in die Tasche gucken lassen, erst ein paar wenige Menschen gehen ehrlich und kritisch mit dem Thema um.

Glauben Sie, der Umgang von Religionen mit dem Thema wird sich in Zukunft verändern?

Ich hoffe! Ich bin eine Person, die hinter die Kulissen guckt, ich hinterfrage und das ist das Wichtige. Schon unsere Sprache zeigt unsere Denkweise, als was wir diese Menschen bezeichnen. Wir arbeiten schon lange für das Ansehen „Behinderter“ als Menschen und der Veränderung vor allem im universitären Bereich. In der Praxis erlebt man viel mehr positive Beispiele, da man dort direkt konfrontiert wird und die Begegnung einfach gegeben ist. Jeder hat zunächst Angst, wenn er einem Menschen mit Behinderung begegnet und diese Angst muss überwunden werden.

Ringvorlesung „Inclusive Religions!?“, 16.15 Uhr, Universität Hamburg, Edmund-Siemers-Allee 1, Raum 221