: Zum Jubiläum, Schätzchen
Die Komödie „Zur Sache Schätzchen“von May Spils wird 50 Jahre alt. Die wirklich gelungene Komödie war ganz anders geplant,jedoch kam der Filmemacherin mit der Erschießung von Benno Ohnesorg die Realität zu nahe, so musste ein anderes Ende her
Von Wilfried Hippen
Am 4. Januar 1968 kam „Zur Sache Schätzchen“ in die Kinos. So beginnt das Jubiläumsjahr der 68er immerhin mit einem Lachen, denn der Spielfilm von May Spils mit Werner Enke als einem phlegmatischen Sprücheklopfer gehört zu der Handvoll von wirklich gelungenen Komödien der Bundesrepublik.
Spils (geboren in Twistringen) und Enke (aus Göttingen) gehörten zur Schwabinger Künstlerboheme, die mit den „Krawallen“ im Münchner Studentenviertel im Jahr 1962 als eine Art Vorreiter der außerparlamentarischen Opposition angesehen wurde. Enke war und ist eher ein Selbstdarsteller als ein Schauspieler und so wirkte er sehr authentisch und cool als einer der Antihelden der bundesdeutschen Gegenkultur.
Er schrieb sich seine Dialoge selber und seine Sprüche wie „Es wird böse enden“, Beleidigungen wie „Dumpfbacke“ und das ständig gebrauchte „fummeln“ gehörten schnell zum Zitatenschatz der damals noch ganz jungen Jugendsprache.
Dabei war es eher eine Notlösung, dass der Film überhaupt eine Komödie wurde. Geplant war, dass Enke als der Antiheld „Martin“ am Schluss von Polizisten erschossen wurde. Godards „Außer Atem“ war hier das überdeutliche Vorbild. Doch während der Dreharbeiten 1967 wurde Benno Ohnesorg erschossen und die Filmemacher wollten, wie sie selber später sagten „nicht die Realität“ abbilden.
So konzentrierten sie sich auf die präzisen Milieustudie der Münchner antibürgerlichen Subkultur, deren züchtiges Objekt der Begierde (sie weigerte sich, eine Nacktszene zu drehen und ist deshalb in einem aufreizenden weißen Mieder zu sehen) ausgerechnet die spätere CSU-Sympathisantin Uschi Glas wurde.
Der Film war sehr erfolgreich, und dies sowohl an der Kinokasse wie auch bei der Kritik. Und so machten Enke und Spils nach dem gleichen Schnittmuster zwei Jahre später „Nicht fummeln, Liebling“ mit Gila von Weiterhausen, der ähnlich komisch und erfolgreich war.
Doch dann ging es im Jahr 1973 mit„Hau drauf, Kleiner!“ deutlich bergab, „Wehe, wenn Schwarzenbeck kommt“ von 1978 wirkte sogar nur noch altmodisch und bemüht und bei „Mit mir nicht, du Knallkopf“ lässt schon der Titel erahnen, was von ihm zu halten ist. Er wurde dann auch 1983 drei Tage nach dem Start aus den Kinos genommen.
Dies war der letzte Film der beiden, die übrigens immer noch zusammenleben. Enke veröffentlichte 2003 das Buch „Es wird böse enden – Enkes Sprechmännchen“ mit Daumenkinogeschichten, wie er sie auch schon in „Zur Sache Schätzchen“ zeichnete und vorführte.
Es gibt noch einen späten Epigonen von Spils und Enke, denn Jan-Ole Gersters „Oh Boy“ von 2012 ist mit seinem faulen Helden, dem verqueren Humor und den Schwarzweiß-Bildern deutlich von „Zur Sache Schätzchen“ inspiriert worden.
„Zur Sache Schätzchen“ läuft heute abend um 20.15 Uhr im Apollo Kino, Hannover
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