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Revolution im Börsensaal

Kaufmann gegen Kaufmann in Hamburg

Von Sven-Michael Veit

Nichts währt ewig, selbst unverbrüchlich scheinende Traditionen der Hamburger Handelskammer, der altehrwürdigsten aller altehrwürdigen hanseatischen Einrichtungen, werden zum Spielball revolutionärer Umtriebe. Der Trägerverein der „Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns“ (VEEK) hat sich von der Kammer losgesagt und macht fürderhin sein eigenes Ding. Und das nicht mehr unter dem Dach der Handelskammer und sehr wahrscheinlich auch nicht mehr in der Handelskammer.

Die 352 Jahre alte Jahresabschlussveranstaltung „Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns“ wird in diesem Jahr letztmalig – Revolution Nummer 1 – im Börsensaal der Kammer auf der Vorderseite des Rathauses stattfinden. Wo die Abrechnung des Kammerpräses mit der Politik vor 2.000 geladenen Gästen künftig abgehalten wird und in welchem Gewand, ist noch unklar.

Sie wird in diesem Jahr aber nicht Silvester zur Mittagsstunde stattfinden, sondern bereits – Revolution Nummer 2 – am 29. Dezember. Und erstmals spricht nicht nur der Kammerpräses, während die versammelten Spitzen aus Politik und Wirtschaft, Golf- und Yachtclubs zuzuhören haben, auch der Bürgermeister darf reden. Was Olaf Scholz, anderslautenden Gerüchten zum Trotz immer noch ein Sozi, sagen wird, ist noch geheim, aber dass er reden darf, ist Revolution Nummer 3.

Und das alles liegt an den Kammerrebellen, die zu Jahresbeginn handstreichartig die Wahlen zum Kammerplenum haushoch gewannen und die altvorderen Pfeffersäcke vertrieben – Revolution Nummer 4. Mit denen aber vertragen sich die eingetragenen 1.160 ehrbaren Kaufleute in der VEEK so rein gar nicht: Die Dauerfehde zwischen ihnen und Rebellenpräses Tobias Bergmann eskalierte, aus Kooperation wurde Konfrontation.

Und die dürfte an Schärfe sogar noch zunehmen. Denn auch der Präsident des „Ehrbaren Kaufmanns“, Gunter Mengers, wird auf der Versammlung sprechen und das gleich zweimal. Er spricht ein Grußwort, und nach den Ansprachen von Bürgermeister und Kammerpräses wird er, als Gast im eigenen Hause, noch eine Dankesrede halten. Beobachter indes rechnen damit, dass der Dank eher kurz und kühl ausfallen wird: dann schon eher revolutionäre Grüße.

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