: CDU bleibt schweigend draußen
Abschiebegegner blockieren das Gebäude des CDU-Kreisverbands in Göttingen und fordern einen Abschiebestopp nach Afghanistan. Die Unions-Politiker wollten sich aber lieber nicht dazu äußern
Mustafa, Demonstrationsteil-nehmer
Von Reimar Paul
Rund zwei Stunden lang haben in Göttingen am Mittwochmorgen mehrere Dutzend Menschen vor dem Gebäude des CDU-Kreisverbandes gegen Abschiebungen nach Afghanistan demonstriert. Sie blockierten den Eingang zum Grundstück und versperrten die Pforte mit einem Schloss. An den Zaun hängten sie Transparente – „Abschiebung ist staatlich organisiertes Verbrechen“, stand zum Beispiel darauf. Mit Kreide schrieben die Aktivisten auf das Tor, dass die CDU-Geschäftsstelle wegen „brutaler Abschiebepolitik“ geschlossen sei.
Nach Angaben des „Bündnisses gegen Abschiebung“ beteiligten sich etwa 40 Leute an der Aktion. Die Polizei sprach von rund 25 Teilnehmern. Die Demonstranten hätten sich auf dem Gehweg aufgehalten, bei der Kundgebung habe es keine Probleme gegeben, sagte eine Polizeisprecherin zur taz. Politiker oder Mitarbeiter der CDU erschienen bis zum Ende der Blockade gegen 9.30 Uhr nicht.
Es gab bis zum Mittag auch keine Stellungnahmen aus der Göttinger Union. Dies hatten die Demonstranten zuvor eingefordert. Die lokalen CDU-Politiker sollten sich zu den für den Abend geplanten Abschiebungen positionieren, verlangten Redner bei der Kundgebung. Ein Flieger nach Kabul sollte gegen 18 Uhr in Frankfurt/Main abheben – mit afghanischen Flüchtlingen aus Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen an Bord.
In den vergangenen Monaten hatten Flugzeuge bereits sieben Mal Geflüchtete nach Afghanistan zurückgebracht. Im Juni wurde ein geplanter Flug nach einem Terroranschlag nahe der deutschen Botschaft in Kabul kurzfristig abgesagt. Mehrere Landesregierungen verfügten daraufhin Abschiebestopps nach Afghanistan. In Niedersachsen seien nur Flüchtlinge bedroht, die schwere Straftaten begangen hätten, erklärte am Mittwoch der Niedersächsische Flüchtlingsrat. Wer keine oder nur geringfügige Rechtsverletzungen begangen habe, werde aus dem Bundesland derzeit nicht nach Afghanistan abgeschoben.
Viele CDU-Politiker wollten hingegen mehr Abschiebungen dorthin, kritisierten die Demonstranten. Die Unions-Innenminister aus Bayern und Sachsen hätten sich sogar dafür ausgesprochen, ab dem Sommer wieder nach Syrien abzuschieben.
„Afghanistan ist kein sicheres Land“, sagte Mustafa, einer der Protestierenden. Allein im vergangenen Jahr seien dort 3.500 Menschen durch den Krieg und Terroranschläge gestorben und fast 8.000 weitere verletzt worden. Und 2017 werde das „blutigste Jahr“ seit Beginn des Krieges.
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