: Naturschützer sorgen sich ums Wasser in der Nordheide
Seit Hamburg Trinkwasser aus der Nordheide fördert, ist diese Entnahme ökologisch umstritten. Eine neue Fördergenehmigung erlaubt es Hamburg nun, weitere 30 Jahre lang Wasser zu entnehmen
Von Marco Carini
Gräbt Hamburg der Nordheide das Grundwasser ab? Dieser Streit um die ökologischen Folgen der Hamburger Trinkwasserentnahme währt schon seit 1983. Entschieden ist er nicht – jedem Gutachten folgt ein Gegengutachten.
Um seinen Trinkwasserbedarf zu sichern, benötigt Hamburg Wasser aus der Nordheide. Rund zehn bis zwölf Prozent seines Wasserbedarfs fördert Hamburg dort. 2004 gestand der Landkreis Harburg eine Fördermenge von 15,7 und später 16,6 Millionen Kubikmetern Wasser zu. Vergangenes Jahr schränkte der Landkreis die Fördermenge vorläufig ein – auf 12,1 Millionen Kubikmeter –, gestattete Hamburg aber gleichzeitig eine Wasserentnahme für 30 weitere Jahre. Beantragt hatten die Hamburger Wasserwerke jedoch eine Fördermenge von 18,4 Millionen Kubikmeter jährlich.
Begründet wurde die vergangenen September ergangene Förderbeschränkung damit, dass, so der SPD-Kreistagsabgeordnete Matthias Westermannn (SPD), „nicht alle entscheidungsrelevanten Entscheidungsgrundlagen“ vorgelegen hätten. Auch die Kreisrätin Monika Scherf (parteilos) betont: „Nachteilige Wirkungen der Grundwasserentnahme auf naturschutzfachlich wertvolle Bereiche lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mit letzter Gewissheit ausschließen.“
Des Streites Kern
Der Streit geht im Kern darum, ob einige Bäche in der Nordheide, die in den vergangenen Jahren wenig Wasser führten, wegen des Hamburger Dursts auf das Heidewasser austrocknen. So glaubt der Arbeitskreis der Naturschutzverbände im Landkreis, dass Heideflüsschen wie der Weseler Mohrbach oder der Weseler Bach, aber auch Luhe und Wümme wegen der Wasserentnahme zeitweise austrocknen würden. Der Arbeitskreis der Naturschutzverbände im Landkreis geht von dieser These aus.
Die Wasserwerke und ihre Gutachter dagegen erklären die niedrigen Wasserstände einiger Bäche und Seen mit geologischen und witterungsbedingten Ursachen. Die meisten Fließgewässer seien durch eine nicht leitende Erdschicht von den Grundwasserreservoirs getrennt; die Grundwasserförderung habe mit dem geringeren Wasserstand an der Erdoberfläche nichts zu tun. Die Grundwasserspeicher würden zudem durch versickernde Niederschläge immer wieder neu aufgefüllt.
Für den Fall, dass die Hamburger Wasserwerke die Unbedenklichkeit einer Mehrentnahme noch zweifelsfrei nachweisen können, hat der Landkreis Harburg dem Unternehmen eine Erhöhung der Fördermenge auf 17,8 Mio. Kubikmeter in Aussicht gestellt. Hierüber würde allerdings die Verwaltung des Landkreises entscheiden – ohne zwingende öffentliche Beteiligung.
Die Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN) hat deshalb bereits Klage gegen einen erweiterten Förderbescheid angedroht. Am Ende könnten die Gerichte darüber entscheiden müssen, wie viel Wasser Hamburg aus der Nordheide entnehmen darf.
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