: Immer offen für ein Experiment
Das Ensemble Mosaik gönnt sich zum 20-Jährigen im Kesselhaus der Kulturbrauerei „autonome Musik“
Von Thomas Mauch
Dass man beim Ensemble Mosaik einigermaßen salopp mit den Konventionen umgehen will, das zeigte sich am Donnerstagabend im Kesselhaus der Kulturbrauerei bereits an der Kleiderordnung. Die eben so ordentlich nicht war. Da trugen die Musiker Hemden, Shirts oder auch Kapuzenpulli. Nicht wirklich uniform also. Auf das im Klassikbetrieb übliche Schwarz der Kleidung aber hat man sich dann doch geeinigt.
Was ja nur, mag man einwenden, eine Äußerlichkeit sei. Dass es doch um die Musik gehe. Das aber ist eben der Punkt für das Schwarz, mit dem sich die Musiker dezent im Hintergrund halten, um nicht schon durch eine Modenschau von der Musik abzulenken.
Wobei man sich gerade beim Ensemble Mosaik gut vorstellen könnte, dass die Musiker auch mal in Hawaiihemden auf die Bühne kommen. Nur um nachzuhorchen, ob sich dann ein Stück, so bunt gemustert gespielt, nicht doch anders anfühlt.
Besondere Konzertsituationen sind eine Spezialität dieses experimentierfreudigen Berliner Ensembles für zeitgenössische Musik. Gern werden szenische und visuelle Elemente, auch in Zusammenarbeit mit aus anderen Fachbereichen kommenden Künstlern, in die Konzerte eingebunden. Das Ensemble Mosaik hat sich mit Open Source auseinandergesetzt und mit digitaler Klangerzeugung, ebenso mit den traditionellen Konzertritualen, selbst eine Nebelmaschine kam schon bei dem von dem Komponisten Enno Poppe geleiteten Ensemble zum Einsatz, was nun zumindest bei e-musikalischen Ereignissen nicht so oft passiert. Ein experimenteller Ansatz, und das nun seit bereits 20 Jahren.
Zum Geburtstag hat man sich im Kesselhaus unter dem Stichwort „autonome Musik“ eine vierteilige Konzertreihe eingerichtet, bei der, wieder mal als besondere Konzertsituation, Komposition und Performance einander gegenübergestellt werden.
So gab es in der ersten Runde am Donnerstag mit den „Micro“-Stückchen von Kaj Duncan David eine mit Licht- und Schattenspielen garnierte Musik zu hören, hübsch inszeniert. Als Spiel in einer Kiesgrube der Sounds aber nicht wirklich ergiebig.
Interessanter als dieser performative Ansatz war es doch meist, wenn Musik einfach nur Musik sein durfte. Die Komposition „Rdja“ von Milica Djordjević hörte sich als eindringliche Übung in Kleinteiligkeit und Strenge, mit schartigen Untertönen, mit Auflösungserscheinungen und Zerfallsprozessen. Rdja übersetzt sich mit Rost. Oder „Pendulum VII“ von Alex Mincek: ein splitterndes und nervös zuckendes Stück Musik mit ziemlich viel Jazzgefühl, das man sich sogar noch etwas freier ausgespielt und nicht so auf den Notenblättern festgeklebt hätte vorstellen können.
Der Cellist trug übrigens an diesem Abend starkbunt gemusterte Socken. Klar, Nebensache. Verblüffend war aber doch, wie sehr die, hatte man sie erst mal ausgemacht, bei langweiligeren Passagen wie dem sich larmoyant in die Länge ziehenden „Im Kinderzimmer/Im Kino: piece of shit“ von Sebastian Claren etwas Ablenkung oder gar Trost schenken konnten.
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