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Archiv-Artikel

Schwarzer Wahlkampf mit braunen Parolen

In der Sächsischen Schweiz wirbt die CDU um Anhänger der NPD, indem sie deren Positionen teils kritiklos übernimmt

DRESDEN taz ■ In Sachsen gerät erneut ein CDU-Bundestagsabgeordneter wegen seiner Nähe zu NPD-Positionen in die Kritik. Für Diskussionen sorgt jetzt ein Auftritt des Parlamentariers Klaus Brähmig von Ende August. Brähmig hatte in seinem Wahlkreis Sächsische Schweiz zu einem Forum über Patriotismus und Heimatstolz eingeladen. Die zahlreich anwesenden Mitglieder und Sympathisanten der NPD, darunter der Landtagsabgeordnete Uwe Leichsenring, hatten unter Anspielung auf Willy Brandts Warschauer Kniefall über die „durchgescheuerten Knie“ an den Hosen bundesdeutscher Politiker gespottet. Brähmig begann seinen Redebeitrag mit der Bemerkung, er habe keine durchgescheuerten Knie.

Leichsenring witzelte auf der Veranstaltung in Reinhardtsdorf-Schöna gleichfalls in Richtung Union, es müsse ja nicht überall NPD draufstehen, wo NPD drin sei. Hauptredner des von etwa 50 Personen besuchten Forums war der ehemalige sächsische Kultusminister Matthias Rößler. Am Schluss sangen die Besucher von CDU und NPD gemeinsam die Nationalhymne. In Reinhardtsdorf-Schöna hatte bei der Landtagswahl 2004 jeder vierte Wahlberechtigte NPD gewählt.

Augenzeugin Petra Schickert vom Mobilen Beratungsteam Pirna vermisste auf der Veranstaltung konsequente Gegenreden auf die NPD-Attacken. Lediglich CDU-Landrat Michael Geisler habe eingewendet, Brandts versöhnender Kniefall sei längst überfällig gewesen. Intern sei die Union ob ihrer Rechtsaußen wie Brähmig aber gespalten, glaubt Schickert. Sie sieht eine Erschwerung ihrer präventiven Arbeit gegen rechts, wenn es „eine schleichende Verschiebung der Normalität durch laufende Tabubrüche“ gebe.

Klaus Brähmig war schon in der Vergangenheit durch teils skurrile Vorschläge aufgefallen. So sollten nach dem amerikanischen Mount-Rushmoore-Vorbild die Köpfe deutscher Unionskanzler in den Sandstein der Sächsischen Schweiz gehauen werden. In der DDR hat es nach Brähmigs Auffassung „hundert Prozent Arbeitslosigkeit“ gegeben, weshalb man sich über die wenigen derzeitigen Prozente nicht weiter aufregen sollte.

Den NPD-Erfolg bei der sächsischen Landtagswahl bagatellisierte der CDU-Bundestagsabgeordnete auf einer Tagung über Auswirkungen auf den Tourismus. Im Juli dieses Jahres antwortete er der Sächsischen Zeitung auf eine Frage nach den EU-Grenzkontrollen: „An der polnischen-ukrainischen Grenze wäre ein Stacheldraht oder ein Schutzwall ideal.“ Brähmig ist bekennender Freund seines früheren Fraktionskollegen Martin Hohmann, der wegen einer als antisemitisch kritisierten Rede vor zwei Jahren aus der CDU ausgeschlossen wurde.

Der NPD-Landtagsabgeordnete und Pressesprecher des NPD-Landesvorstandes Matthias Paul äußerte gegenüber der taz die Erwartung, dass der Rechtsruck der CDU die NPD Stimmen kosten werde. Die Strategie, patriotische Themen zu besetzen, sei teilweise aufgegangen. Wer Rot-Grün unbedingt abwählen wolle, werde deshalb wieder der Union zuneigen. MICHAEL BARTSCH