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Werder wird womöglich wieder wer

Unter dem neuen Coach Florian Kohfeldt gelingt dem SV Werder Bremen der erste Saisonsieg. Vor allem Angreifer Max Kruse überzeugt

Angreifen statt zurückstecken: Trainer Kohfeldt Foto: reuters

Von Christian Otto

Dieses neue Bild, das von Max Kruse gezeichnet wird, soll natürlich wieder schöner aussehen. Problemprofi, Freund des Pokerns zu später Stunde, ehemaliger Nationalspieler – es gibt immer noch so viel zu tun, um das Image dieses Profis aufzuhübschen. Sein aktueller Trainer bei Werder Bremen stellt Kruse als sehr wissbegierigen Angestellten dar: „Max ist ein sehr angenehmer und fordernder Spieler. Er will viel wissen und übernimmt Verantwortung“, findet Florian Kohfeldt. Der neue Bremer Cheftrainer hat Kruse zu Hause einen Einstand nach Maß zu verdanken. Gleich drei Tore steuerte der streitbare Angreifer am Sonntagabend zum 4:0-Heimsieg gegen Hannover 96 bei. „Es war allerhöchste Eisenbahn“, sagt Kruse zu dem Umstand, dass Werder erst am 12. Spieltag der erste Saisonsieg gelungen ist.

Mit der Frage, wie man einen Könner der Güteklasse von Kruse am besten in Szene setzt, hat sich sein neuer Chef ganz genau beschäftigt. Während in Bremen fleißig darüber diskutiert worden ist, ob Kohfeldt als Nachfolger von Alexander Nouri wieder nur als Übergangslösung einzustufen sei, hat der erst 35 Jahre alte Chefcoach im Trainingsbetrieb fleißig seine Hausaufgaben gemacht. Aus dem einstudierten Vorhaben, die eigenen Offensivspieler möglichst häufig hinter die Abwehrkette des Gegners zu bringen, war im Duell mit Hannover 96 eine starke Darbietung geworden. Kruse und der offensive Mittelfeldspieler Fin Bartels hatten sich wechselseitig immer wieder angeboten und mit cleveren Pässen bedient. Das Ergebnis lautete: Bartels (39. Minute) erzielte mit einem schönen Lupfer das 1:0. Und Kruse gelangen in Halbzeit zwei innerhalb von nur 23 Minuten drei Treffer (55., 59. 78. Minute), die 41.500 Zuschauer staunen ließen. Das bisher noch sieglose Werder hatte in der gesamten Spielzeit insgesamt erst vier Treffer erzielt. Und dann gab es an diesem Abend diese Torflut.

Wahrscheinlich war es Kohfeldt sehr recht, dass hinterher sehr viel über Kruse und seine Geniestreiche und eher weniger übers Heimdebüt des Trainers gesprochen wurde. In der Bundesliga ist er noch ein Novize, der Kritiker und Neider gleichermaßen überzeugen muss. Kohfeldt versucht es mit vielen Freiheiten für Kruse auf dem Platz und mit einer sehr vernünftigen Art. „Das war kein 4:0, das von der 1. Minute an kerzengerade war. Es war nicht durchgängig rauschhaft“, sagte der bisherige Bremer U23-Trainer.

Solch geerdeten Sätze täuschen ein wenig darüber hinweg, dass hier ein neuer Mann in einem prominenten Job nachrückt, der nach eigenem Bekunden beim ersten Heimspiel fürchterlich nervös und angespannt war. Aber Hannover 96 war so nett, ihm den Einstieg vor heimischem Publikum so leicht wie möglich zu gestalten. Die ersatzgeschwächten Niedersachsen trugen mit erschreckenden Fehlern zur grün-weißen Renaissance bei. „Am Ende“, gestand Hannovers eigentlicher Torjäger Martin Harnik, „sind wir auseinandergebrochen.“

Was Hannover 96 aus dem Tritt gebracht hat, waren neben den eigenen Unzulänglichkeiten vor allem taktische Winkelzüge des Gegners. Die Spieler von Werder Bremen sind im Auftrag ihres neuen Trainers nämlich jetzt auf der Suche nach „Halbräumen“: schnelles Umschaltspiel, Pässe in den Rücken der Abwehr, angreifen statt zurückstecken, fasst Coach Kohfeldt zusammen, wie er aus Werder wieder eine wettbewerbsfähige Mannschaft machen will. Vor allem für Max Kruse heißt das, dass er wieder mehr Freiheiten auf dem Platz hat, aber auch sehr gut zu Fuß sein muss.

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