press-schlag: Spiel, Satz und Liebe
Großes Tennis im Kino? Geht gar nicht, sagt John McEnroe. Dabei finden sich mit gutem Willen Beispiele
Noch bevor John McEnroe den aktuell immer noch in den Kinos zu sehenden Spielfilm „Borg/McEnroe“ gesehen hatte, war er ziemlich skeptisch. Es gebe einfach keinen guten Tennisfilm, meinte er, und er glaube auch nicht, dass es je einen geben werde. Als er den Film, der durchweg eher positive Kritiken bekam, dann sah, wollte er seine Meinung nicht ändern. Aber gut, John McEnroe hat sich einen Namen als Stinkstiefel gemacht, warum also sollte er da als Filmkritiker einen anderen Ton anschlagen.
Prinzipiell aber hat er natürlich recht. Tennis im Kino ist so gut wie immer schrecklich. Wahrscheinlich gibt es sogar einen sehenswerten Film zum Thema Darts, aber bis vor Kurzem war es so gut wie ausgeschlossen, einen guten Sportfilm zu finden, der aus dem Leben eines Tennisspielers erzählt. Der letzte größere Versuch Hollywoods vor „Borg/McEnroe“ und vor allem dem gefeierten „Battle of the Sexes“, der diese Woche in die Kinos kommt, war „Wimbledon“ mit Kirsten Dunst – und man kann mit großer Sicherheit sagen, dass das der wohl schlechteste Film war, in dem Dunst je zu sehen gewesen ist. Dabei gibt es durchaus sehenswerte, gar spektakuläre Tennisszenen in Filmen, in denen der Sport ansonsten keine wesentliche Rolle spielt. Etwa in Alfred Hitchcocks „Der Fremde im Zug“, wo ein Tennismatch die Klimax des ganzen Films ist. Oder das Pantominen-Match am Ende von Michelangelo Antonionis „Blow Up“. (Zu erwähnen wäre auch „The Royal Tenenbaums“.)
Auch dafür, wie man gute Gags und Slapstick auffahren kann, wenn man seine Protagonisten auf einen Tennisplatz stellt, gibt es Beispiele. Das Match in Jacques Tatis „Die Ferien des Monsieur Hulot“ ist legendär, und wie sich in „Brautalarm“ beim Damendoppel alle die Bälle um die Ohren hauen, brüllend lustig.
Doch gerade die Tatsache, dass Tennisszenen als überzeichnetes Comedyelement so gut funktionieren und weniger in der schnell ermüdenden filmischen Aufbereitung möglichst authentisch wirkender Matchszenen, bestätigt den grundlegenden Vorbehalt, den John McEnroe gegen Tennisfilme hat. Es mangele diesen einfach an der Darstellung dessen, „wie tatsächlich auf den Ball geschlagen wird“.
Soll heißen: Wenn irgendwelche Schauspieler sich am Set noch schnell zeigen lassen, wie man einen Tennisschläger in der Hand hält, dann ungelenk versuchen, einen Ball zu treffen und schließlich glauben, das reiche für eine oscarreife Performance, haut das eben nicht hin. Weswegen in „Borg/McEnroe“ auch Doubles dafür sorgen, dass die Spielszenen ganz gut aussehen, was den Ansprüchen McEnroes freilich auch nicht gereicht zu haben scheint.
Auch der Regisseur Jason Cohn, der den dritten sehenswerten Tennisfilm in diesem Jahr zu verantworten hat, die Dokumentation „Love means Zero“ über den weltbekannten Tenniscoach Nick Bollettieri, glaubt, Tennis glaubwürdig darstellen zu lassen, sei so gut wie unmöglich, da für Ungeübte die Schlagbewegungen rein technisch zu anspruchsvoll seien. Wenn man sich so einige Tennisszenen in Kino- oder Fernsehfilmen ansieht, wo der Ball gegen jede physikalische Logik und mit grotesken Bewegungsabläufen vermeintlich über das Netz befördert wird, wird deutlich, wie recht Cohn hat.
Die französisch-belgische Produktion „Spiel um alles“ aus dem Jahr 2014, der bis „Battle of the Sexes“ der sicherlich beste Tennisfilm überhaupt, der den Kampf eines Vaters um Job und soziale Anerkennung im Neoliberalismus mit dem knallharten Konkurrenzkampf koppelt, dem sein Sohn als aufstrebendes Tennistalent ausgesetzt ist, ist dann allein auch schon aus einem ganz einfachen Grund so gut: Die Schauspieler, die hier auf den Asche- und Rasenplätzen gezeigt werden, können ganz offensichtlich auch im richtigen Leben einfach ziemlich gut Tennis spielen. Andreas Hartmann
TV-Tipp, Montag: „Boris Becker – Der Spieler“,Das Erste, 20.15 Uhr
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