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Regeln für die Religionen

Die Uni Hamburg erlässt einen Verhaltenskodex, der gewährleisten soll, dass die diversen Bekenntnisse einander nicht ins Gehege kommen und den Betrieb nicht stören

Von Adèle Cailleteau

Eine Vollverschleierung ist an der Universität Hamburg ausdrücklich zugelassen, solange sie den Betrieb der Institution nicht einschränkt. Das legt ein „Verhaltenskodex zur Religionsausübung“ fest, der jetzt vom akademischen Senat beschlossen wurde. „Der Kodex ist sehr liberal gegenüber den Religionsgemeinschaften“, sagte Rektor Dieter Lenzen am Mittwoch bei der Vorstellung des Beschlusses.

Der Kodex soll die Religionsfreiheit an der Universität gewährleisten, indem er Mitarbeitenden und Studierenden Verhaltensrichtlinien an die Hand gibt. Er war aus Sicht der Universitätsleitung nötig geworden, weil es „religiöse Vorfälle“ gegeben habe, wie Rektor Lenzen sagte.

Ein salafistischer Prediger habe in einem Uni-Institut ein Freitagsgebet organisiert. Muslimische Studenten hätten Studentinnen dazu gezwungen, Kopftücher zu tragen. „Wir mussten uns damit auseinandersetzen“, sagte Lenzen.

Ähnliche Vorfälle haben an anderen deutschen Universitäten stattgefunden und mancherorts zur Schließung der „Räume der Stille“ geführt, die allen Religionsgemeinschaften gleichermaßen offenstehen sollen – und nicht nur diesen. In Dortmund wurde der Raum der Stille im vergangenen Jahr geschlossen, nachdem sich dort muslimische Studenten mit Gebetsteppichen ausgebreitet und eine Wand aufgestellt hatten, um Frauen und Männern zu trennen

Auch wenn eine solche Trennung von den Frauen gewünscht sein sollte, wäre sie im Raum der Stille nach Punkt eins des Hamburger Kodex verboten. Dieser verbietet es auch, dass Prüfungszeiten an Gebetszeiten angepasst werden.

Den Kodex hat eine Gruppe von zehn Wissenschaftler*innen der Fachbereiche Theologie, Psychiatrie und Rechtswissenschaft unter der Leitung der Philosophin Brigit Recki erarbeitet. Er besteht aus zehn Punkten, die „das respektvolle und friedliche Miteinander bei der Ausübung verschiedener Glaubensüberzeugungen regeln“ sollen.

Studierende wurden an der Ausarbeitung der Regeln nicht beteiligt. Dafür habe es einen guten Grund gegeben: „Es geht um gesetzliche Fragen, um Expertise, nicht um Vereinbarung“, sagte Lenzen. „Es geht darum, was zulässig ist und was nicht.“

Verhaltenskodex zur Religionsausübung

1. Im Raum der Stille wird keine Diskriminierung geduldet.

2. Religiöse Feste finden nicht in der Universität statt.

3. Die Inanspruchnahme von Einrichtungen der Universität für religiöse Ausdrucksformen ist untersagt.

4. Rituelle Handlungen sind nur so lange zulässig, wie sie nicht als eine Auseinandersetzung mit der Religion Anderer empfunden werden können.

5. Die Verwendung religiöser Symbole ist erlaubt.

6. Eine Orientierung des Lehrveranstaltungsplans an religiösen Geboten findet nicht statt.

7. Eine Rücksichtnahme auf religiöse Feiertage, soweit es sich nicht um gesetzliche Feiertage handelt, findet nicht statt.

8. Religiös motivierte Ausübung von Druck wird nicht geduldet.

9. Studierende können nicht beanspruchen, von Angehörigen eines Geschlechts nicht unterrichtet zu werden.

10. Die Aufnahme religiös zugelassener Speisen obliegt den Betreibern.

Pater Thomas von der Katholischen Hochschulgemeinde bedauert, dass die religiösen Hochschulgemeinden nicht an der Arbeitsgruppe beteiligt wurden. Schließlich seien sie es doch, die in Kontakt mit den religiösen Studierenden stünden.

Über das Ergebnis zeigt er sich nicht wirklich zufrieden: Die „halbherzigen Formulierungen“ verpflichteten die Universität nicht, mehr für die Religionsausübung zu tun. So seien dem Kodex zufolge rituelle Handlungen zwar zulässig, solange sie andere Nutzer der Universität nicht störten. Die Infrastruktur für rituelle Waschungen werde aber nicht bereitgestellt.

Franziska Hildebrandt vom Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) tritt dem Eindruck entgegen, dass sich der Kodex vor allem an muslimische Studierende richtet. „Er gilt für alle Uni-Mitglieder“, sagt sie. Lenzen führte als Beispiel für eine Regelverletzung an, dass ein junger Mann immer wieder mit lauten „Jesus“-Rufen aufgefallen sei.

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