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Marzahn auf dem aufsteigenden Ast

Können schöne Pflanzen eine Plattenbausiedlung aufwerten? An diesem Wochenende geht nach 186 Tagen die Internationale Gartenausstellung in Marzahn-Hellersdorf zu Ende. Im Bezirk glaubt man, die Gegend werde nachhaltig davon profitieren

Von Susanne Messmer

Als im April dieses Jahres die IGA begann, da fragten sich nicht nur die Veranstalter, der Bezirk und ganz Berlin, sondern auch die taz: Können Rosen, Tulpen und Nelken einen ganzen Bezirk verändern? Noch dazu einen Bezirk, der lange Zeit in den Medien als „Vorstadthölle“ verunglimpft wurde, in dem auch aufgrund steigender Mieten in der Innenstadt zunehmend verdrängte Arme, Arbeitslose und Alleinerziehende leben, mehr als in anderen Ecken dieser Stadt? In dem noch dazu mehr Menschen gegen den Bau von Flüchtlingsheimen auf die Straße gingen als irgendwo sonst in Berlin?

Es wäre ein Leichtes gewesen, diese Frage im letzten halben Jahr mit einem klaren, provokanten Nein zu beantworten. Man musste nur einmal am Haupteingang der IGA, am U-Bahnhof Kienberg, in die falsche Richtung abbiegen. Die Neue Grottkauer Straße liegt im Herzen von Hellersdorf, nicht weit entfernt von den Problemkiezen rund um die Helle Mitte, um Kastanienboulevard und Hellersdorfer Promenade.

Dort, wo zwischen Bowlingcenter, Mäc-Geiz und Aldi schon am Morgen eine Kindergärtnerin mit blondem Pferdeschwanz aus voller Kehle einen Vierjährigen anbrüllt, weil er auf einem Fahrradständer turnt. Dort, wo am Imbiss drei Männer in den Fünfzigern stehen und der eine gerade seine leere Bierbüchse zerdrückt. Wen man hier auch fragt: Den meisten ist die IGA schnurz oder schlicht zu teuer, auch wenn das ermäßigte Tagesticket 18 Euro kostet und Kinder unter 6 Jahren umsonst reindürfen. Nur eine ältere Dame war einmal drin und hat die Dahlien bewundert, wie sie sagt, aber die Dauerkarte war ihr trotz direkter Nachbarschaft doch zu viel.

Das ist die eine Facette der Antwort auf die Frage, was die IGA in einem Bezirk wie Marzahn-Hellersdorf ausrichten kann. Die andere ist die: Dieser Bezirk hat mehrere Gesichter. Hier gibt es nicht nur Arme, Arbeitslose und Alleinerziehende, sondern seit jeher auch Bildungsbürger und zunehmend Mittelschichtsfamilien, die jetzt nicht mehr die hohen Mieten in der Innenstadt zahlen können und für die in Marzahn sogar wieder gebaut wird.

Selbst wenn bei den Ticketverkäufen nicht nach den Adressen der Besucher gefragt wurde: Ungefähr 33.000 Dauerkarten wurden verkauft. Die Pressestelle der IGA geht davon aus, dass die meisten von Menschen aus der Umgebung erworben wurden. Gerade diese Dauerkartenbesitzer wissen sehr wohl, wie sehr der Bezirk auch in Zukunft von der neu angelegten Parklandschaft, der neuen In­fra­struk­tur und den Jobs, die in Gastronomie und Tourismus entstanden sind, profitieren wird.

Es klingt immer so schwammig, wenn Bezirkspolitiker von Imageaufwertung sprechen – wenn etwa der Bezirksstadtrat für Wirtschaft Johannes Martin (CDU) meint, „dass wir zeigen konnten, welche hervorragende Entwicklung der Bezirk in den letzten Jahren genommen hat“, oder wenn Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (Linke) findet, dass die Besucher nun „ein besseres und genaueres Bild gewonnen haben“. Diese Phrasen aber haben handfeste Gründe. Der Bezirk ist auf dem aufsteigenden Ast, muss aber nach wie vor kräftig um einkommensstarke Bewohner werben. Und auch dazu eignen sich Rosen, Tulpen und Nelken sehr wohl.

Marzahn, die IGA und ihr Publikum 44,

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