: Umstrittene Beratung für Prostituierte
In Hamburg startet die Gesundheitsberatung
Von Friederike Gräff
Geht es nach der Politik, dann dient die neue, verpflichtende Gesundheitsberatung für Prostituierte dem offenen Gespräch und der Unterstützung in Notlagen. Nächste Woche eröffnet in Hamburg die dazugehörige Dienststelle, die das – umstrittene – Prostituiertenschutzgesetz verlangt, das im Juli in Kraft getreten ist.
Laut Gesetz werden die Prostituierten dort nicht untersucht, sondern vertraulich beraten. Themen sollen Verhütung von Krankheiten und Schwangerschaft und der Umgang mit Alkohol und Drogen sein. Wer zwischen 18 und 21 Jahre alt ist, muss sich dort halbjährlich einfinden, wer älter ist, muss einmal pro Jahr kommen. Muss – denn die Bescheinigung über den Besuch muss man bei der Anmeldung zur Tätigkeit als Prostituierte vorlegen.
In Hamburg stößt die neue Gesundheitsberatung auch auf Kritik. „Wir sehen das als stärkere Bevormundung“, sagt Emilija Mitrovic vom Projekt Arbeitsplatz Prostitution bei der Gewerkschaft Ver.di. Bislang habe es freiwillige Beratungsangebote gegeben, die „völlig ausgereicht“ hätten.
Dass die verpflichtende Gesundheitsberatung – wie vom Gesetzgeber erhofft – etwas gegen Ausbeutung und Gewalt in der Prostitution ausrichten könne, hält Mitrovic für unwahrscheinlich: „Wenn man ein Gespräch darüber führen muss, ob man Zwangsprostituierte ist“, führe das kaum zu Veränderungen.
Prostitution, so scheint es, bleibt ein Bereich, in dem Mutmaßung auf Mutmaßung trifft. Interessant ist auf jeden Fall ein Blick in die Vergangenheit: Bis etwa zum Jahr 2000 mussten Prostituierte unter anderem in Hamburg einen sogenannten Bockschein bei sich tragen, ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis. Bis Untersuchungen erwiesen, dass sie anders als vermutet nicht häufiger als der Rest der Bevölkerung ansteckende Geschlechtskrankheiten hatten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen