das portrait: Harvey Weinstein, frauenverachtender Filmmogul in Hollywood
Als „größte Schweinerei von allem“ bezeichnet Mark Gill, der ehemalige Leiter der Filmproduktionsfirma Miramax, das Verhalten seines früheren Chefs: Der 65-jährige Filmmogul und Oscargewinner Harvey Weinstein, der die Produktionsfirma 1979 gemeinsam mit seinem Bruder Rob gründete, hat laut einem Bericht der New York Times jahrzehntelang Frauen sexuell belästigt. Unter anderem sagte die Schauspielerin Ashley Judd aus, Weinstein habe sie bei einem vermeintlichen Arbeitstreffen im Bademantel in seiner Hotelsuite empfangen und ihr eine Massage angeboten. Andere Frauen, darunter viele weibliche Angestellte seiner Firma, berichten ebenfalls von eindeutigen Angeboten Weinsteins, gegen etwas „Karriereboosting“ sexuelle Handlungen an ihnen auszuführen.
Weinstein hat sich mittlerweile in der New York Times für sein „Verhalten gegenüber den Kolleginnen“ entschuldigt, das „viel Schmerz“ ausgelöst habe. Er nehme gerade „eine Auszeit“, habe sich zudem therapeutische Hilfe gesucht. Einer seiner Anwälte kündigte jedoch in einer E-Mail an The Hollwood Reporter an, man wolle die New York Times verklagen, weil sie „verleumderische und falsche“ Aussagen publiziert habe, den Erlös wolle man Frauenorganisationen spenden. Lisa Bloom hingegen, ebenfalls Anwältin für Weinstein, kündigte wie drei Mitglieder des Verwaltungsrates.
Hollywood-Tycoon Weinstein, der Filme wie „Sex, Lügen und Videotape“ sowie „Pulp Fiction“, „Der englische Patient“ und „Good Will Hunting“ produzierte, dessen Firmen – nach Miramax gründete er 2005 The Weinstein Company – auch Dokumentationen über sexuelle Belästigung finanzierten und der im letzten Wahlkampf Fundraising für Hillary Clinton betrieb, fühlte sich wohl sicher: Obwohl immer wieder Frauen gegen ihn klagten, konnte er das stets unter den Tisch kehren – was das Ausmaß des grundlegenden Problems einer durch und durch sexistischen Branche zeigt.
Es mag sein, dass der öffentliche Skandal ausreicht, um den Ruf Weinsteins zu schädigen – zu Fall bringen wird er den auf allen Kanälen wirkenden Multimillionär und Strippenzieher kaum. Denn die überfällige Aufdeckung von Weinsteins systematisch frauenverachtendem Verhalten reicht nicht aus: Die Filmbranche hat trotz der Versuche zur Thematisierung ein strukturelles Problem. Das zeigt ein weiterer aktueller Fall. Wie die New York Times vergangenen Dienstag berichtete, wirft eine deutsche Schauspielerin dem bereits wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen verurteilten Regisseur Roman Polanski ebenfalls Vergewaltigung vor – die Straftat habe sich demnach 1972 in seinem Haus in der Schweiz abgespielt. Von Polanski gab es dazu noch keinen Kommentar.
Solange eine Nation von einem Präsidenten geführt wird, dem mehr als 15 Frauen sexuelle Belästigung vorwerfen, befinden sich Männer wie Weinstein in guter – beziehungsweise schlechter – Gesellschaft. Jenni Zylka
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