: Siebeneinhalb Stunden Hitler
konzentriert Von Freitag bis Sonntag findet in Bremen das Dritte Filmfest statt. Es soll Bremen und Bremer Filmemachern eine Plattform bieten
Braucht die Welt noch einen Dokumentarfilm über Adolf Hitler? Dazu noch einen, der siebeneinhalb Stunden lang ist und den anmaßenden Titel „Wer war Hitler?“ verpasst bekommen hat?
Der Regisseur Hermann Pölking-Eiken hat andersherum gedacht: Er wollte einen Dokumentarfilm mit einem großen Budget machen und das geht in Deutschland immer noch am Besten mit diesem Thema. Das mag zwar pragmatisch, wenn nicht sogar zynisch gedacht sein, aber das Ergebnis ist dann doch erstaunlich originell.
Pölking-Eiken arbeitet nur mit Originalaufnahmen aus der Zeit, nutzt dabei aber kaum das bekannte Archivmaterial, sondern hat selber nach Filmen aus weithin unbekannten, oft privaten Quellen gesucht. Viele davon sind farbig, die meisten zeigen alltägliche Szenen aus dem Deutschland vor dem ersten Weltkrieg bis zum Ende des zweiten Weltkriegs. Dazu passend hat Pölking-Eiken Originaltexte von Zeitzeugen wie Tagebuchnotizen, Briefstellen und Zitate von Schriftstellern und Politikern gesammelt und kommt so mit sehr wenig eigenem Erzähltext aus.
Pölking-Eiken ist Bremer und viele der über 70 Sprecher des Films sind ebenfalls aus der Stadt, sodass der Film einerseits ideal ins Programm des Filmfest Bremen passt, bei dem Filme mit einem Bezug zur Stadt gezeigt werden. Andererseits sprengt er den Rahmen eines dreitägigen Festivals, und so wurde er teilweise ausgelagert: Alle anderen Filme laufen in der „Schauburg“, ein paar Tanzdokumentationen und ein Tanzstück auch im Theater. Nur die ersten beiden Teile von „Wer war Hitler?“ werden jeweils um 12 Uhr mittags in der „Gondel“ in Schwachhausen gezeigt.
Mit dem Bremer Filmfest soll den Filmemachern der Stadt eine Plattform geboten werden. Dem entsprechend gibt es einige Premieren. So etwa die nun endgültige der Dokumentation „Lila Eule“ von Hagen Klaie über die legendäre Kellerkneipe im Viertel. Das Programm wird am Freitag um 19 Uhr mit der Dokumentation „Bücherjäger“ von Susanne Brahms eröffnet. Der Film über die Bewahrung von Kulturgütern in Klöstern und Museen ist eine von Radio Bremen hergestellte Arte-Produktion und gut fürs Nachmittagsprogramm.
Im historischen Teil wird der erste Bremer „Tatort“ von 1973 gezeigt. Am Sonntag gibt es als Matinee den historischen Schmachtfetzen „Sommer in Lesmona“ mit Katja Riemann und im Spätprogramm am Freitag „The Big Lebowski“ von den Gebrüdern Coen. Was der mit Bremen zu tun hat? In einer Dialogszene werden da ausdrücklich die Pfannkuchen in Bremen (mit viel Butter) gelobt. Das reicht! Wilfried hippen
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