Bremer Schulwege: Mit dem Taxi zur Schule

Viele Eltern bringen ihre Kinder mit dem Auto zur Schule. Das Ergebnis: überfüllte Straßen, stressige Parkplatzsuche und gefährliche Situationen für die Kinder.

Mit dem „richtigen“ Taxi kommen die wenigsten Kinder. Aber mit dem Eltern-Auto Foto: dpa

BREMEN taz | Kurz vor Beginn der ersten Unterrichtsstunde kommt ein kleines Mädchen auf dem Roller an der Grundschule an, wo ihre Mitschüler*innen sie freudig empfangen. Heute durfte sie ohne Begleitung ihrer Eltern den Schulweg bestreiten. Sonst verstopfen hier „Elterntaxis“ die Straße. Auf dem Schulhof angekommen, berichtet sie ihrer Lehrerin stolz von dem aufregendem Weg. Wenige Minuten später fährt ihr Vater mit dem Auto vor – er wollte sich vergewissern, dass seine Tochter auch sicher angekommen ist.

Auf den Straßen vor Bremer Schulen herrscht um kurz vor acht Uhr häufig großes Chaos. Eltern fahren ihre Kinder mit dem Auto vor und blockieren die schmalen Straßen. Über die angespannte Verkehrslage beklagen sich seit Längeren vor allem Lehrer*innen und Eltern an hiesigen Grundschulen. Besonders Schulanfänger*innen, die Verkehrssituationen noch nicht richtig einschätzen können, leiden darunter.

Ein Viertel kommt mit vier Rädern

„Von 300 Schülerinnen und Schülern werden etwa 25 Prozent mit dem Auto gebracht“, sagt Verena Nölle von der Aktion „Schulexpress“. Diese soll Kinder dazu motivieren, ihren Schulweg zu Fuß und in kleinen Gruppen zu bestreiten. Sie hat festgestellt, dass die gebrachten Kinder meist in den letzten acht Minuten vor Unterrichtsbeginn an der Schule abgesetzt werden. Dadurch entstehe ein erhöhtes Verkehrsaufkommen auf den Straßen. Auch für die fahrenden Eltern selbst ist das problematisch: wegen der Parkplatzsuche.

Da die Verkehrswege an Bremer Grundschulen den vielen Autos oftmals nicht gewachsen sind, können gefährliche Situationen vor den Schulen entstehen. Autoschlangen blockieren die zumeist engen Straßen. Manche Autos parken im Halteverbot, andere Eltern lassen ihre Kinder sogar auf offener Straße aussteigen.

Besonders deutlich werden diese Gefahren an der Grundschule am Buntentorsteinweg in der Neustadt. Die Schule liegt in einer schmalen Einbahnstraße, wo absolutes Halteverbot im Bereich des Schulhofeingangs herrscht. „Die Straße ist morgens voll von Autos“, berichtet eine Mutter, die gerade ihren Sohn zur Schule gebracht hat. Zwar habe sie noch keinen Unfall erlebt, aber gefährliche Situationen entstünden allemal.

Angst und weil es am Weg liegt

Ob zu Fuß oderauf dem Rad:Hauptsache, die Kinder bewegen sich

Dass Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, hat mehrere Gründe. Ein Vater hat Angst, dass seiner Tochter auf dem Schulweg etwas zustoße. „Man muss nur die Zeitung aufschlagen“, sagt er. Andere Eltern erzählen, dass sie ihre Kinder auf dem Weg zur Arbeit einfach bei der Schule absetzen. Es sei einfach praktischer für sie.

Gegen diesen elterlichen Taxi­service und das daraus resultierende Verkehrschaos richten sich die Bremer Aktionswochen „Sicher und aktiv zur Schule“ von Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD). Im Zeitraum vom 4. bis zum 22. September sollen Kinder besonders motiviert werden, selbstständig zur Schule zu gehen. Ob zu Fuß, mit dem Roller oder auf dem Fahrrad – Hauptsache ist, dass die Kinder sich bewegen. Während der Aktion füllen die Schüler*innen einen sogenannten „Schulwegpass“ aus. Wenn sie zu Fuß zur Schule laufen, bekommen sie einen Stempel in den Pass. Die Klassen, die die meisten Stempel gesammelt haben, bekommen einen Preis. „Es ist schön für Kinder, wenn sie ihren Schulweg selbstständig bestreiten können“, sagt Annette Kemp, Sprecherin der Bildungsbehörde. Dadurch lernten sie sich zu orientieren und knüpfen vielleicht neue Freundschaften auf dem Schulweg.

Erste Erfolge

Ein erster Erfolg dieser Aktion lässt sich auch hier am Buntentorsteinweg bestätigen: Am gestrigen Dienstag hat eine Lehrerin nur noch vier Autos gezählt, die Kinder an der Schule absetzen. „Man merkt, dass mehr Kinder selbstständig zur Schule kommen und stolz von ihrem Weg berichten“, erzählt sie.

Allerdings sind laut Kemp längst nicht alle Strecken für den eigenständigen Schulweg geeignet. Manche Kinder wohnen weiter weg, sodass die Wege zu lang seien oder gar eine Fahrt mit Bus oder Bahn erfordern. Daher sei es gut, wenn Eltern ihre Kinder zunächst auf dem Schulweg begleiten, damit er gemeinsam eingeübt werden könne.

Letztendlich müssen die Eltern aber alleine entscheiden, wie ihr Kind zur Schule kommen soll. Es wird sich zeigen müssen, ob Aktionswochen wie diese auch einen nachhaltigen Effekt auf den elterlichen Taxiservice haben.

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