Deutsches Team bei der Basketball-EM: Überfigur mit guter Begleitung

Im Viertelfinale müssen sich die Deutschen gegen bislang unterforderte Spanier behaupten. Kaum ein Team kann gegen die Gebrüder Gasol punkten.

Männer beim Basketball

Unermüdliches Vorbild: Pau Gasol (rechts) lässt sich auch im Achtelfinale gegen die Türkei kaum aufhalten Foto: ap

BARCELONA taz | Von Pau Gasol läuft bei den Spielen dieser Basketball-EM im spanischen Fernsehen immer der Werbespot einer Fluggesellschaft. Der NBA-Star von den San Antonio Spurs wandert durch seine Vergangenheit, Trophäen purzeln herunter, sein Name verschwindet vom Trikot, doch er schreitet weiter. „Nichts hat mehr Bedeutung“, sagt er dazu aus dem Off, „wenn du heute nicht auf der Höhe bist.“

Und mit diesem Motto geht er dann also aufs Parkett, unersättlich seit 19 Profijahren in der NBA und 14 internationalen Turnieren mit Spanien. In Amerika hat der 37-Jährige eine Karriere hingelegt, die unter den Europäern nur von der Dirk Nowitzkis überboten wird. Wo diesem aber immer Begleitung für die großen Triumphe mit seinem Land fehlte, blickt Gasol vor dem heutigen EM-Viertelfinale gegen Deutschland auf eine reiche Medaillensammlung: Weltmeister, mehrfach Olympia-Zweiter hinter den übermächtigen USA, dreifacher Europameister.

Beim aktuellen Turnier avancierte der Center-Forward im Gruppenspiel gegen Rumänien zum besten Schützen der Turniergeschichte. Dass ihm die historischen Punkte mit einem seltenen Dreipunktewurf gelangen, passt zu einem Athleten, der mit seinem Ethos selbst Schwächen in Stärken umwandeln kann.

Dass die Vorlage zu diesem Wurf von Juan Carlos Navarro kam, hätte wiederum kein Drehbuchschreiber besser erfinden können. Zusammen mit seinem alten Freund – ebenfalls aus Barcelona – bildet Gasol den Nukleus einer „Goldenen Generation“, die Spanien seit Beginn des Jahrtausends zu den ersten Titeln seiner Geschichte führte. Mittlerweile ist Navarro so deutlich auf der Zielgeraden seiner Karriere, das Spötter in seiner Turnierberufung eher eine Hommage sahen. Das Spiel und die entscheidenden Würfe von draußen machen jetzt eher Ricky Rubio und Sergio Rodríguez. Und wie um Gasols Überfigur abzurunden, kommt der zweitgrößte Star vom selben Stamm: sein fünf Jahre jüngerer Bruder Marc, ebenfalls Center, und mit drei NBA-Allstar-Berufungen halb so oft geehrt wie Pau.

10 Zentimeter kleiner

Eine von solchen „Legenden“ (Dennis Schröder) auf der Bank zu lassen, kann sich nicht mal die europäische Übermannschaft Spanien erlauben, die daher eher unorthodox mit zwei Spielern innen an der Zone agiert. Das geht manchmal etwas auf Kosten von Spielkunst und Ballzirkulation, hat aber Vorteile nicht zuletzt in der Abwehr, wo Spanien bisher im Schnitt unter 60 Gegenpunkte zulässt. Unter dem Korb ist für die Gegner nichts zu holen, auch wenn die Ersatzleute der Gasols verteidigen, die mit Willy und Juancho Hernangómez ironischerweise auch aus einer Familie sind. Als „Die vier Brüder“ firmieren alle inzwischen im Quartett.

Liegt die auf den ersten Blick erstaunliche Basketballdominanz – ein Spanier ist im Schnitt zehn Zentimeter kleiner als etwa ein Deutscher – also an besonderer Serienproduktion? Auch Ricky Rubio hat einen Bruder, Marc, der es bisher allerdings nur zum nationalen Ligaprofi gebracht hat. Halb so schlimm, in Spanien sind sie schon froh, dass Ricky wieder halbwegs die Versprechungen einlöst, die ihn als 14-Jähriger zum Profidebüt und zum Ruf des Basketballwunderkinds verhalfen. Körperliche Anpassungsprobleme nach dem frühen Wechsel mit 20 in die NBA und viele Verletzungen warfen ihn zurück, mit 26 und deutlich mehr Muskeln als früher war sein Comeback mit alter Präsenz nun umso wichtiger, weil diesmal Real-Madrid-Spielmacher Sergio Llull ausfiel.

Der Center-Forward Pau Gasol wandelt mit seinem Ethos selbst Schwächen in Stärken um

Durch das Turnier marschiert Spanien bisher unbeirrbar. Die Gruppengegner waren mit Ausnahme Kroatiens so schwach, dass Pau Gasol im Schnitt nur 22 Minuten spielen musste und damit trotzdem die meiste spanische Einsatzzeit hatte. Erst gegen Gastgeber Türkei wurde es im Achtelfinale ein wenig eng, doch im letzten Viertel versenkte Rubio dann seine Distanzwürfe und Rodríguez brachte seine Kreativität ein. Wenn es neben Schröder denn eine Hoffnung für die Deutschen gibt, dann liegt sie wohl darin, dass die Titelverteidiger bisher so wenig gefordert wurden – nicht wie 2015, als sie in einem engen letzten Gruppenspiel gegen Deutschland am Rand des Ausscheiden standen.

Ein Pau Gasol als leidender Superheld sicherte damals die Serie, seit 1999 kein EM-Halbfinale mehr verpasst zu haben. Sollte sie halten, wird auch den Deutschen nur die Verneigung bleiben wie dem türkischen Nationalcoach Ufuk Sarica, der nach dem Ausscheiden einer Lobrede auf den unkaputtbaren Gasol hielt: „Er ist ein Beispiel für alle zukünftigen Basketballer.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.