piwik no script img

Das tut weh

US Open Deutsche am Rande des Nervenzusammenbruchs: Für Andrea Petkovic, Sabine Lisicki und sogar den Mitfavoriten Alexander Zverev ist schon wieder Schluss beim letzten Grand Slam der Saison

Andrea Petkovic war einst die Anführerin im deutschen Damentennis. Die nationale Nummer eins, die Wortführerin – und die erste Spielerin dieser goldenen Generation, die in die Weltspitze vorpreschte, sogar unter die Top Ten. Seit Jahren läuft sie nun schon den großen und den kleineren Erfolgen hinterher, sie war oft verletzt, sie war auch zu kopflastig als Profi, hinterfragte zu viel, wirkte zu kompliziert für das brutale Einzelkämpferinnen-Geschäft. „Ich habe immer noch Lust. Auch wenn es nicht gut läuft für mich seit einiger Zeit“, sagt Petkovic, die in New York am Mittwoch ihr Erstrundenmatch gegen die Lokalmatadorin Jennifer Brady in drei Sätzen verlor.

Auch Sabine Lisicki, die Davis-Cup-Kollegin von Petkovic und Leidensgenossin als Verliererin in der US-Open-Auftaktrunde, war einmal eine große Nummer im deutschen Tennis, zwischenzeitlich auch die Beste in der deutschen Hackordnung. Tennis mit Lisicki war immer eine dramatische Inszenierung, sie war das Showgirl in Barbara Rittners Truppe. Und sie hatte, noch vor Angelique Kerber, die große, verlockende Chance auf Grand Slam-Ruhm, sogar beim größten Szenespektakel überhaupt. Aber nach einem magischen Durchmarsch versagten ihr im Wimbledon-Finale 2013 die Nerven, als Favoritin verlor sie das Match gegen die Französin Marion Bartoli.

Und danach ging es nur noch bergab für die Berlinerin. Trainer kamen und gingen, der Erfolg blieb aus. Schlagzeilen schrieb Lisicki hauptsächlich abseits des Center Courts. Zuletzt machte sie „eine harte und schlimme Zeit durch“, war monatelang verletzt. Nun bastelt die Blondine, die einst „Bum-Bum-Bine“ genannt wurde, wieder einmal an einem Comeback. Gegen die Chinesin Shuai Zhang imponierte sie einen Satz lang mit vertrautem Powertennis und Aufschlagwucht, ehe das Spiel kippte. Die Hoffnung auf einen Durchbruch: vertagt. Am Ende kämpfte sie beim 7:6, 3:6, 0:6 gegen Zhang vergeblich.

Geschafft haben den Einzug in die zweite Runde bei den Damen lediglich Julia Görges und Tatjana Maria. Görges ließ der Chinesin Saisai Zheng beim 6:2, 6:1 keine Chance, Maria gewann gegen Ashley Kratzer (USA) mit 6:1, 6:1.

Die deutschen Herren gaben indes kein besseres Bild ab. Als Alexander Zverev am Mittwochabend den Grandstand-Platz der US Open verließ, da erschien die Szene leicht bizarr: Zverev wirkte keineswegs verbittert, er winkte mit ausladender Geste freundlich ins Publikum, ehe er zur Spielerlounge marschierte. Er sah nicht wie der Verlierer aus, der er aber war. Er galt als ein Mitfavorit auf den Turniersieg – aber die Zahlen, die auf der Anzeigetafel der Grandstand-Arena aufschimmerten, sprachen eine andere Sprache: 6:3, 5:7, 6:7, 6:7 – das Aus für den 20-jährigen Hamburger gegen den Kroaten Borna Ćorić. „Das ist eine riesige Ernüchterung. Das tut weh“, sagte Zverev, „ich habe viel zu vorsichtig gespielt, das war der Wahnsinn.“ Seinen Level bei diesem Turnier nannte er „schlicht katastrophal“.

Mischa, sein 30-jähriger Bruder, gewann immerhin fast zeitgleich seine Fünf-Satz-Schlacht gegen den erratischen Franzosen Benoît Paire mit 6:3, 6:2, 3:6, 6:7 und 6:4. Auch ihn ließ die Pleite des Jüngeren nicht kalt: „Es wird dauern, bis er darüber wegkommt. Vielleicht hat ihm der letzte Biss gefehlt, vielleicht war er zu selbstsicher.“ Er selbst kann nun die Familienehre retten, in der nächsten Runde spielt er gegen den US-Riesen John Isner.

Ebenso in der nächsten Runde ist Philipp Kohlschreiber nach einem souveränen Drei-Satz-Erfolg über Tim Smyczek (USA): 6:1, 6:4, 6:4. Jörg Allmeroth

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen