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Kim Jong Un bläst den Raketenangriff auf Guam ab

Nordkorea Pjöngjang lenkt fürs Erste ein und nutzt das bekannte Muster aus Drohung und Rückzug

Je realer die Bedrohung wirkt, desto besser ist die Verhandlungsposition

SEOUL taz | Bereits seit letztem Montag spitzt sich der Nordkorea-Konflikt mit einer neuen Rasanz zu. Mit Dienstag ist jedoch erstmals Licht am Ende des Eskalationstunnels wahrzunehmen: Kim Jong Un lenkt ein – vorübergehend zumindest. Nach einer gründlichen Untersuchung der Militärpläne gegen die US-Pazifikinsel Guam entschied sich Nordkoreas Machthaber, den Raketenangriff vorerst abzublasen. Nun sei Washington an der Reihe, durch sein Handeln zur Entspannung der Lage beizutragen.

„Kim Jong Un deeskaliert, Nordkorea sucht nach einer Beziehung“, twitterte John Delury, Historiker an der Seouler Yonsei-Universität. Es ist ein wiederkehrendes Muster des nordkoreanischen Regimes: Es spielt mit dem Feuer, reizt die Provokationen bis zum Äußersten aus, ohne jedoch einen aussichtslosen militärischen Konflikt mit den USA tatsächlich anzuzetteln. Je realer die Bedrohung wirkt, desto erfolgsversprechender ist die darauffolgende Verhandlungsposition mit den Amerikanern.

Letztlich gibt es viel, was das Regime in Pjöngjang von seinem Erzfeind Washington fordert. Allen voran möchte es eine Sicherheitsgarantie, etwa durch einen Nichtangriffspakt, Normalisierung der diplomatischen Beziehungen und einen längst überfälligen Friedensvertrag des Koreakriegs.

In Seoul hat sich der südkoreanische Präsident am Dienstag so deutlich wie noch nie gegen einen Krieg auf der koreanischen Halbinsel ausgesprochen. Dieser müsse „um jeden Preis“ verhindert werden, zudem sei er nur denkbar mit einer Zustimmung aus Seoul. Die Absage an einen Alleingang aus Washington dürfte dort einigen Generälen bitter aufgestoßen sein.

Die für die Amerikaner erfreulichste Nachricht des gestrigen Tages kam ausgerechnet aus Peking, das eine frühzeitige Umsetzung der jüngsten UN-Sanktionen verkündet hat. Von Eisen über Kohle bin zu Meeresfrüchten: Hält China die Importverbote konsequent ein, wird das Kim-Regime ein Drittel seines jährlichen Handelseinkommens einbüßen. Der große Leidtragende wird das breite Volk sein.

Dabei stammt wohl das Erfolgsrezept des nordkoreanischen Raketenprogramms nicht aus dem Reich der Mitte, sondern von europäischem Boden: Einem Bericht der New York Times zufolge geht aus Analysen amerikanischer Geheimdienste hervor, dass Raketentriebwerke aus der Ukraine der Schlüssel für den Erfolg der jüngsten Interkontinental-Tests seien.

Und selbst wenn sich die Lage auf der koreanischen Halbinsel vorerst etwas entspannt, kündigt sich bereits der nächste Streitfall an: Am Montag starten gemeinsame Militärmanöver US- und südkoreanischer Streitkräfte. Fabian Kretschmer

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