: Einzige Alternative Opposition
Nordrhein-Westfalens Grüne glauben nicht an Ampelkoalitionen mit FDP oder CDU. Trotzdem soll verhandelt werden. „Denkbar“ ist plötzlich auch eine von der Linken tolerierte Minderheitsregierung
VON ANDREAS WYPUTTA
Nordrhein-Westfalens Grüne bereiten sich auf die Oppositionsrolle im Bund vor. „Ich halte eine große Koalition für wahrscheinlich“, sagt nicht nur der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident Michael Vesper. Auch Sylvia Löhrmann, Chefin der Landtagsfraktion, Ex-Umweltministerin Bärbel Höhn und die Parteilinken Barbara Steffens und Rüdiger Sagel glauben nicht an eine weitere Regierungsbeteiligung der Grünen im Bund. „Wir stellen uns auf Opposition ein“, sagt Löhrmann. „Die gesamte Fraktion teilt diese Einschätzung.“ Noch völlig offen sei aber, wer künftig die Bundesregierung führe: „Vielleicht werden weder Schröder noch Merkel Kanzler“, so Löhrmann zur taz.
Rechnerisch mögliche Ampelkoaltionen mit CDU oder SPD und der FDP seien „inhaltlich nicht tragfähig“, meint auch Landesparteichef Frithjof Schmidt – zu groß sind die Differenzen beim Atomausstieg, der Gentechnik, in der Frage des Kündigungsschutzes wie dem EU-Beitritt der Türkei. „Ob in der Steuer, Gesundheits-, Sozial oder der Umweltpolitik – inhaltlich trennen uns Welten“, sagt der Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel.
Dennoch soll verhandelt werden. „Wir werden mit allen sprechen, die Gespräche anbieten“, betont Parteichef Schmidt. „Denkbar“ sei aber auch eine mögliche Minderheitsregierung: Rot-Grün könne sich im Bund durchaus von der Linkspartei tolerieren lassen. „In anderen europäischen Staaten gilt ein solches Modell als völlig normal“, sagt der Europaparlamentarier Schmidt. „Die Wählerinnen und Wähler wollen keinen Kurs der sozialen Kälte, wie er von CDU-Chefin Merkel und dem FDP-Vorsitzenden Westerwelle verkörpert wird“, glaubt auch Sagel.
Für die Realos um Vesper und Löhrmann hingegen scheint eine Tolerierung durch den Wahlsieger undenkbar. „Ich kann mir ein rot-rot-grünes Bündnis nicht vorstellen“, so Löhrmann. „Eine Minderheitsregierung hätte nicht die nötige Stabilität, die das Land braucht“, meint Ex-Minister Vesper. „Am Ende muss man sich von den Linken tolerieren lassen, und das möchte ich nicht“ – zwischen Vespers postmaterialistischem Realo-Flügel und dem sozialkritischen Gewerkschaftsmilieu klaffen Welten. „Die Bundesrats-Blockade der Union bliebe bestehen“, warnt Löhrmann prompt.
Als kleinster gemeinsamer Nenner bleibt da die Freude über die massiven Verluste von CDU und FDP im Vergleich zu den Landtagswahlen im Mai. „Schon nach 100 Tagen ist die neue Landesregierung baden gegangen“, sagt Realo Vesper – und klingt wie der Parteilinke Schmidt: „Rüttgers hat das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler in Rekordzeit verspielt.“
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