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OFF-KINO

Off-Kino

Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Bevor im September das Festival „Moving History“ eine Reihe zur RAF im Filmmuseum Potsdam zeigt, sieht man dort schon einmal Filme, die das Lebensgefühl der 1960er-Jahre widerspiegeln. Dazu gehört etwa Louis Malles Farce „Viva Maria!“ (1965), in der sich die französische Schauspielerin Maria (Jeanne Moreau) und die irische Anarchistin Maria (Brigitte Bardot) während einer Varietétournee unversehens als Anführerinnen einer Revolte gegen Gewaltherrscher, Großkapital und katholische Pfaffen wiederfinden. Im Geiste der Nouvelle Vague verbinden Malle und sein Autor Jean-Claude Carrière Abenteuerparodie und Musikkomödie zu einem zitatreichen ironischen Spektakel jenseits überkommener Geschlechterrollen, was den Zeitgeist auch deshalb traf, weil alles sehr spielerisch ist: Es werden Bomben gelegt, Lieder gesungen, nebenbei unfreiwillig der Striptease erfunden – die große revolutionäre Ansprache an die unterdrückten Bauern stammt aus Shakespeares „Julius Caesar“ (OmU, 29. 7., 19 Uhr, Filmmuseum Potsdam).

Mit seinem Paranoia-Klassiker „Invasion of the Body Snatchers“ (1956) war Don Siegel der Entwicklung des Science-Fiction ein gutes Jahrzehnt voraus: Der Zusammenbruch staatlicher Autorität sowie familiärer und freundschaftlicher Bindungen steht in der Verfilmung eines Romans von Jack Finney bevor, als außerirdische Pflanzen die Bewohner einer Kleinstadt durch ihrer Persönlichkeit beraubte Replikanten ersetzen. Das sonst eher simple Weltbild amerikanischer SF-Filme, in denen sich stets eine Gemeinschaft zusammengefunden hatte, um die Bedrohung erfolgreich zu bekämpfen, bekam hier einen empfindlichen Riss. Im Freiluftkino Pompeji ist „Invasion of the Body Snatchers“ mit Livemusik des kanadischen Experimentalmusikers Aidan Baker zu sehen (OmU, 28. 7., 21.15 Uhr, Freiluftkino Pompeji).

Einer der schönsten Filme des Stummfilmkomikers Harold Lloyd ist „Safety Last“ (1923) – schon allein aufgrund der knapp zwanzigminütigen Schlusssequenz, in der Harold die Fassade eines Kaufhauses erklimmt. Geschickt gefilmt (so dass man ihn stets in höchster Gefahr wähnt), erwarten ihn mit jedem Stockwerk eine Unmenge neuer witziger Herausforderungen: vom wütenden Hund bis zur Maus in seinem Hosenbein. Doch die Kletterpartie endet erfolgreich als Sinnbild seines beruflichen Aufstiegs: in den Armen seiner Verlobten und mit einer reichen Belohnung seines Chefs. Beim Stummfilm um Mitternacht begleitet David Schrimer den Komik-Klassiker an der Kino-Orgel (29. 7., 24 Uhr, Babylon Mitte).

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