: Doppelschlag der Taliban
Afghanistan Die Radikalislamisten gehen jetzt mit Anschlägen und Angriffen in die Offensive. Unter den Todesopfern sind sehr viele Zivilisten
Andere Regierungsquellen sprachen von mindestens 35 Toten. Die radikalislamischen Taliban bekannten sich auf Twitter zu der Tat und erklärten, sie hätten nach zweimonatiger Observation 37 Mitarbeiter des Geheimdienstes NDS in zwei Bussen getötet. Nach von Nachrichtenagenturen zitierten Augenzeugen handelte es sich bei den Opfern aber überwiegend um Zivilisten. Der NDS erklärte, kein Mitarbeiter sei getroffen worden.
In dem hauptsächlich von schiitischen Hazara bewohnten Stadtviertel hatte es genau vor einem Jahr den bis dahin schwersten Anschlag in Kabul gegeben. Damals starben mindestens 80 Demonstranten, als in einem Protestzug von Hazara eine Bombe gezündet wurde. Damals reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Tat für sich. Sowohl die sunnitischen Taliban als auch der IS betrachten Schiiten als Feinde. Jetzt hatte die Regierung vor neuen Protesten gewarnt, die erst am Sonntag abgesagt worden waren.
Am Montag bestätigte die Regierung auch, dass am Vortag bei einem Angriff mutmaßlicher Taliban auf ein Krankenhaus in der zentralen Provinz Ghor 35 Zivilisten getötet wurden. Ein Sprecher von Staatspräsident Ashraf Ghani bezeichnete den Angriff als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.
Laut einem von der UN-Mission Unama in der letzten Woche vorgelegten Bericht wurden in Afghanistan im ersten Halbjahr 2017 mindestens 1.662 Zivilisten getötet. Mit rund einem Fünftel der Opfer gilt die Hauptstadt inzwischen als besonders gefährlich. Am 31. Mai waren bei der Zündung eines mit Sprengstoff gefüllten Tanklasters nahe der deutschen Botschaft mehr als 150 Menschen getötet worden.
Laut Verteidigungsministerium verwickeln die Taliban die afghanischen Streitkräfte inzwischen in 21 der 34 Provinzen in Kämpfe. Am Sonntag brachten sie Berichten zufolge weitere zwei Distrikte im Norden und Südwesten unter ihre Kontrolle. Die Regierung ist wegen interner Machtkämpfe weitgehend gelähmt. Letzte Woche versuchte Vizepräsident Abdul Rashid Dostum nach mehrwöchigem selbst gewählten Exilaufentalt aufgrund juristischer Ermittlungen gegen ihn aus dem Ausland zurückzukehren. Sein Flugzeug bekam aber keine Landeerlaubnis. Sven Hansen
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