piwik no script img

Hamburger Szenevon Alexander Diehl Stille nach dem Sturm

Es ist einer dieser am Himmel turbulent sich gebenden Sommerabende, das Gewölk da oben könnte Regen vorhalten, vielleicht auch etwas mehr davon. Es ist nicht besonders warm, aber drückend, wenn kein Wind weht. Und nun also sind die Autos weg, und das auf der Stresemannstraße und um diese Zeit.

Blaulicht vor der Astra-Stube, ein Uniformierter in Warnweste ist aus seinem Polizeikleinwagen gestiegen und reiht Hütchen auf, „Leitkegel“, wie es der Profi nennt: In Richtung Neuer Pferdemarkt geht es hier nicht weiter. Ein Teil des Verkehrs fließt jetzt die Max Brauer-Allee entlang, an den Zomia-Bauwagen vorbei, und ein, zwei ganz Findige versuchen’s mit der Nächsten rechts, hintenrum also doch noch rein in die Schanze.

Auch an der Ecke Schulterblatt, wo die Sharing-Autos stehen, blinkt es blau: Erst ein, dann zwei Motorradpolizisten sorgen hier dafür, dass niemand mehr abbiegt in Richtung dieses einen Gebäudes, das seit ein paar Tagen herhalten muss als Quell alles Schlimmen in der Welt.

„Ist das jetzt die Räumung?“, denke ich bei mir. Machen sie deswegen nun das Viertel dicht, – und diesmal alle Wege hinein, nicht nur den einen, da wo der schwarze Block, so hieß es, Gehwegplatten bunkert und Stahlspeere und nukleares Arsenal? Wollen der Andy und der Hartmut, und irgendwie auch der Olaf, diesem linken Pöbel jetzt mal zeigen, wessen Straße diese Straße ist, wessen Viertel dieses Viertel?

Ein paar Schritte Richtung Rote Flora, unter der Bahn durch, haben die Piazza-People noch nichts bemerkt vom Wenigerwerden der Autos. Weiter hinten wieder Blaulicht. Wenn sie kommen, um zu räumen, denke ich wieder, dann sind sie das jetzt. Aber dann sehe ich hinten noch mehr Polizei, jetzt in größeren Autos und zu Fuß, ohne Warnwesten, dafür mit Helmen und in Formation.

Dahinter schwenkt irgendwer die schwarzrote Fahne der Freien Arbeiter- und Arbeiterinnen-Union. Und dann höre ich sie auch: „Bürgermeister kommen und gehen!“, rufen sie, und niemand scheint sie zum Schweigen bringen zu wollen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen