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Präsident Macron fordert Klarheit im Mordfall Sarah Halimi

Frankreich Hinter dem brutalen Mord an einer jüdischen Rentnerin sollen antisemitische Motive stehen. Versucht die Justiz die Tat eines islamistischen Fanatikers zu decken?

Ist der der Fall Sarah Halimi sogar symptomatisch für das Phänomen des neuen Antisemitismus?

PARIS taz | Für die Justiz war es ein tragischer, aber fast normaler Kriminalfall. Der Täter war sofort identifiziert und festgenommen worden. An seiner Schuld gibt es nicht den geringsten Zweifel. Er wartet in Untersuchungshaft auf den Prozess wegen vorsätzlicher Tötung. Doch die Identität des Opfers und die Beschreibung des Täters durch die Anwohner wecken den dringenden Verdacht, dass es sich um eine Aggression mit antisemitischen Motiven handelt. Bisher wollten die Untersuchungsbehörden aber diesen Aspekt lieber ausklammern. Für sie liegt ein Tötungsdelikt vor, und die Zurechnungsfähigkeit des Täters muss noch von Gerichtspsychiatern abgeklärt werden.

Kommt es der Justiz zu ungelegen, dass ein offenbar praktizierender Muslim in Paris aus antisemitischem Hass durchgedreht und eine 66-jährige jüdische Nachbarin getötet hat? Das behaupten in Frankreich jüdische Organisationen und Intellektuelle in einem offenen Brief. Am Rande der Gedenkfeier für die Festnahme und Deportierung von tausenden Juden in Paris am 16./17. Juli 1941 schenkte Staatspräsident Emmanuel Macron diesen Forderungen, die volle Wahrheit aufzudecken, Gehör. Er wünschte öffentlich, dass die Justiz für Klarheit sorgt. Sie müsse dafür sorgen, dass in der Strafuntersuchung anti­semitische Motive überprüft werden.

Die Umstände und der Verlauf des Verbrechens sind weitgehend bekannt: Am vergangenen 4. April besuchte der 27-jährige Kobili T. Bekannte, die im selben Gebäude wie er an der Rue Vaucouleurs im elften Arrondissement von Paris wohnen. Es war bereits 4.30 Uhr in der Frühe und T. befand sich in einem derart aufgeregten und furchterregenden Zustand, dass sich diese Nachbarn Schutz suchend in einem Zimmer verriegelten und die Polizei anriefen. Die schnell angerückten Polizeibeamten hörten, wie T. Gebete rezitiert und „Allah Akhbar“ geschrien habe. Da sie befürchteten, dass es sich um einen bewaffneten Islamisten handeln könnte, warteten sie auf Verstärkung. In der Zwischenzeit aber gelang es T., über den Balkon in das Zimmer einer anderen Nachbarin einzudringen. Dort schlug er die völlig überrumpelte Rentnerin Sarah Halimi, bevor er sie aus dem Fenster stürzte. Sie erlag kurz darauf ihren Verletzungen. T. war anschließend wieder in die Wohnung seiner Bekannten zurückgekehrt, um weiter zu beten.

Ist das die Tat eines Geistesgestörten oder eines islamistischen Fanatikers, der sich eventuell während eines Gefängnisaufenthalts radikalisiert haben könnte? Seit Langem bereits wird von verschiedenen Seiten in Frankreich vor diesem „neuen Antisemitismus“ vor allem in Quartieren mit arabischen muslimischen Bewohnern gewarnt. Für die Autorin des alarmierenden Buchs „Une France soumise“ (Das unterworfene Frankreich), Caroline Valentin, soll der Fall Sarah Halimi symptomatisch sein für dieses Phänomen, das die Gesellschaft und die Staatsführung nicht wahrhaben wolle, um die Beziehungen zum Islam nicht zu trüben. Das ist ein schwerwiegender Vorwurf, den Macron nicht auf Frankreich und seiner Justiz sitzen lassen will. Rudolf Balmer

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