: Britische Soldaten als Gefängnisstürmer
Mit Panzern stürmen britische Soldaten im irakischen Basra ein Gefängnis und befreien zwei Soldaten einer Sondereinsatzgruppe. London dementiert „Befreiungsaktion“. Gouverneur von Basra spricht von „barbarischer Aggression“
VON RALF SOTSCHECK
Später werden sie einen Film daraus machen, wie es Dutzende Filme über Ausbrüche britischer Soldaten aus deutschen Konzentrationslagern gibt. Doch die Aktion am Sonntag war echt: Mehrere britische Panzer brachen eine Mauer des größten Gefängnisses im irakischen Basra nieder und befreiten zwei Soldaten der Sondereinsatzgruppe SAS.
Die beiden Männer waren offenbar in geheimer Mission unterwegs, um herauszufinden, ob Teile der irakischen Polizeikräfte mit Terroristen zusammenarbeiten. Sie hatten sich als Araber verkleidet und fuhren einen Privatwagen, als sie von einer Polizeistreife angehalten wurden. Einer der SAS-Männer eröffnete sofort das Feuer. Ob er dabei einen Polizisten tötete, wie in einigen Zeitungen behauptet wird, ist bisher nicht bestätigt worden.
Der Polizei gelang es, die beiden Soldaten zu überwältigen. Eine aufgebrachte Menschenmenge attackierte danach einen britischen Warrior-Panzer und zündete ihn an. Um die Mannschaft aus dem brennenden Panzer zu retten, feuerten Soldaten, die zu Hilfe gekommen waren, in die Menge und töteten zwei Menschen. Die drei Soldaten aus dem Warrior-Panzer mussten mit Brandverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Es waren die schlimmsten Krawalle in Basra seit zwei Jahren. Die britische Armeeführung behauptet, dass der Angriff auf den Panzer nicht mit den beiden SAS-Männern, sondern mit den Ereignissen vom Samstag zusammenhänge, als etwa 200 Mitglieder der Al-Mahdi-Armee, einer Miliz des schiitischen Geistlichen Moktada al-Sadr, Straßen in Basra blockierten und die Freilassung ihrer drei inhaftierten Kommandanten verlangten.
Die britische Armee befürchtete, dass Al-Mahdi-Leute das Gefängnis stürmen und die SAS-Männer als Geiseln nehmen. Basras Polizeichef soll erklärt haben, seine Truppe sei von al-Mahdi infiltriert worden. Daher organisierte die britische Armeeführung die Befreiungsaktion.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestritt das. „Wir würden nie einen Gefängnisausbruch organisieren oder autorisieren“, sagte er. Der Panzer habe möglicherweise versehentlich eine Gefängnismauer beschädigt, als er rückwärts fuhr, behauptete er. Die Times hat mit einem britischen Offizier gesprochen, der gesagt habe, dass man keine andere Wahl hatte. „Die Sicherheit der beiden Soldaten hatte Vorrang“, sagte er.
Irakische Behörden erklärten, dass mehrere Panzer die Wand eingerissen haben. Die Aktion sei eine „barbarische Aggression“ gewesen, sagte Mohammed al-Waili, Gouverneur von Basra. Dutzende andere Gefangene seien ebenfalls entkommen.
Chris Ryan, Ex-SAS-Soldat, sagte der Sun, dass er die Aktion für überflüssig halte. „Wenn sie ein so gutes Verhältnis zur irakischen Polizei haben, wie sie behaupten, hätten sie einfach bitten können, dass ihnen die beiden Männer ausgehändigt werden“, sagte er. „Vielleicht spielen andere Faktoren eine Rolle. Sie setzen offenbar Überwachungseinheiten ein, weil sie glauben, dass viele irakische Polizisten Informationen an Kriminelle und Terroristen weitergeben.“
Im Sommer konnten britische Soldaten relativ ungestört in Basra patrouillieren, doch die Lage hat sich so verschärft, dass sich die Armee nur noch in Warrior-Panzern aus den Kasernen traut. Die Armee hat die Order ausgegeben, nicht an Straßensperren der irakischen Polizei anzuhalten, weil sich Terroristen oft als Polizisten tarnen.
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