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Was vom Schuldenerlass übrig bleibt

IWF und Weltbank sollen die Entschuldung der 18 ärmsten Entwicklungsländer beschließen. Doch noch ist nicht klar, ob das gelingt. Denn das Geld könnte bei anderen Entwicklungsprojekten fehlen. Deutsche Delegation bleibt trotzdem optimistisch

VON NICOLA LIEBERT UND STEPHAN KOSCH

Was bleibt vom Schuldenerlass, der Anfang Juli für einige der ärmsten Entwicklungsländer verkündet worden war? Am kommenden Wochenende werden Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbank auf ihrer Jahrestagung darüber verhandeln. Und noch ist offen, ob und wie die betroffenen Länder tatsächlich entlastet werden. „Der Teufel steckt im Detail“, hieß es gestern in deutschen Delegationskreisen.

Auf ihrem Gipfel in Schottland hatten die acht größten Industrieländer (G 8) vereinbart, dass den 18 ärmsten und höchstverschuldeten Ländern insgesamt rund 40 Milliarden Dollar Schulden erlassen werden, die sie gegenüber den internationalen Finanzorganisationen und insbesondere der Weltbank aufgehäuft hatten. Die fälligen Zins- und Tilgungszahlungen an die Finanzinstitutionen wollten die Industrieländer selbst übernehmen.

Doch ist der Plan bisher nur ein schöner Plan. Ein internes Weltbank-Papier konstatiert, dass der G-8-Erlass zu Lasten anderer Entwicklungsländer ginge. Denn das Versprechen, den Schuldendienst der ärmsten Länder zu übernehmen, ist nur für drei Jahre gedeckt. Die Kredite haben aber meist eine Laufzeit von 40 Jahren. Wenn der Weltbank die entgangenen Zins- und Tilgungszahlungen nicht ersetzt werden, dann müsse sie eben bei der zinsvergünstigten Kreditvergabe an andere Entwicklungsländer sparen, drohte sie in ihrem Papier an. Für einige Vertreter der G-8-Staaten ist das Genörgel der Weltbank ein Indiz dafür, dass sie den geplanten Schuldenerlass womöglich insgesamt blockieren will.

Die Bundesregierung jedenfalls hält es für problematisch, wenn der Schuldenerlass zu Lasten künftiger Entwicklungsprojekte geht. Gleichzeitig soll aber auch die finanzielle Solidität von IWF, Weltbank und der ebenfalls betroffenen afrikanischen Entwicklungsbank nicht gefährdet werden. Aus dem Entwicklungsministerium hieß es, der Vorschlag müsse zügig umgesetzt werden und darüber hinaus müssten zusätzliche Mittel für die Entschuldung aufgebracht werden, damit „die finanzielle Integrität der Weltbank“ gewahrt bleibt. Dafür werde Deutschland in den kommenden drei Jahren ungefähr 120 Millionen Euro bereitstellen.

Das US-Finanzministerium warnt, falls es „Versuche geben sollte, die Zahl der begünstigten Staaten oder das finanzielle Volumen deutlich über den ursprünglichen G-8-Plan hinaus auszuweiten, dann ist der ganze Plan in Frage gestellt“. Die USA schätzen, dass die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Schuldenstreichung auf dem Gipfel in Washington nur bei 50 Prozent liegt. „Die Chancen sind nicht schlecht“, heißt es dagegen in der deutschen Delegation. Thomas Dawson, IWF-Direktor für auswärtige Angelegenheiten, hatte erklärt, dass das G-8-Versprechen nicht torpediert würde.

Max Lawson von der entwicklungspolitischen Organisation Oxfam glaubt auch nicht, dass der Plan völlig kollabiert, „aber es besteht die Gefahr, dass er abgeschwächt oder verwässert wird“. Nach Berechnungen der Schuldenerlassinitiative Jubilee USA könnten Weltbank und IWF die Schulden von mehr als 30 Staaten ohne signifikante Folgen für den eigenen Haushalt streichen.

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