LeserInnenbriefe
:

taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin

briefe@taz.de | www.taz.de/Zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

So doof sind die Wähler nicht

betr.: „SPD-Nachwuchstalent weckt neue Hoffnung“, taz vom 26. 6. 17

Die SPD kommt mir vor, als würde sie nicht wissen, woher ihre Misere kommt. Den Verlust von fast der Hälfte ihrer Wähler verdankt sie Gerhard Schröder mit seiner Agenda 2010. Damit hat er die Drecksarbeit – ohne Not – für die CDU und FDP gemacht. Wenn ich mir die Fotos des Parteitags ansehe, sitzt die alte Riege immer noch in der ersten Reihe. Denken sie denn, der Wähler ist so doof oder wollen sie ihn immer noch für dumm verkaufen? Die dort auf dem Parteitag waren, haben völlig die Bindung zur Basis verloren. An den Steuern war die SPD beteiligt, die Rente hat die SPD in den Keller gefahren, die prekären Arbeitsverhältnisse hat die SPD verursacht und geschaffen mit den Gewerkschaften, Gesundheitspolitik hat die SPD verändert und schlechter gemacht, Familien wurden durch die SPD schlechter gestellt, Bildung wurde von der SPD mit CDU und FDP an die Wand gefahren. Sicherheit? Einige SPD-Minister haben die Polizei verkleinert in den Bundesländern. Migration und Flüchtlinge – die SPD hat den Plänen von CDU und Merkel zugestimmt.

Die SPD hat mitgeholfen die Demokratie zu demontieren. Außen- und Verteidigungspolitik ist auch mit Zustimmung der SPD verändert und verschlechtert worden, Umwelt und Verkehr – auch hier war die SPD beteiligt, inklusive der Sauerei mit den Abgaswerten. Ich habe mit vielen Genossen gesprochen, die nicht mit der Politik von Schröder und seiner Nachfolge einverstanden sind. Man sollte auch bereit sein, besonders die taz, die Wahrheit über Politiker und Parteien schreiben. So doof, wie die Politiker denken, ist der Wähler nicht, man sieht es an der Wahlbeteiligung und der größten Partei – den Nichtwählern.

GERHARD und UTE KAMPSCHULTE, Stralsund

Er stört die Kreise der Grünen

betr.: „Einer, der es scheinbar nicht verdient hat“, taz vom 26. 6. 17

Als es bei den Grünen noch um etwas ging – für die einen (zu späth!) um Grundsätzliches und für die anderen schon um einen sicheren Platz im Landesparlament oder wenigstens einen in der Landtagsverwaltung, wurde Jürgen Grässlin schon wegen seiner Themen und Unnachgiebigkeit als „J. Grässlich“ tituliert. Warum sollten ihm die gleichen Öko-Libertären heute einen Orden umhängen, wo er immer noch ihre Kreise stört?

WALDEMAR GRYTZ, Stuttgart

Gutverdiener füllen Krankenkassen

betr.: Leserbrief „Sozialbeiträge für Gutverdiener“, taz vom 22. 6. 17

Stefan Diefenbach-Trommer ergänzt in seinem Leserbrief Ulrike Herrmanns Analyse der Steuerlüge für die „Mitte“ und betont die Beitragsbemessungsgrenzen zugunsten der besser gestellten Gehaltsempfänger. Wenn ein gerechterer Sozialausgleich diskutiert wird, sollte man aber berücksichtigen, dass die Beiträge an die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung zu äquivalenten Ansprüchen führen. Beitragsfrei erworbene Ansprüche, die sogenannten versicherungsfremden Leistungen, sollten mittlerweile durch Bundeszuschüsse ausgeglichen werden.

Dagegen leisten überdurchschnittlich gut Verdienende mit ihren Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung einen erheblichen Anteil zum Ausgleich der Krankheits- und Pflegekosten der Geringverdiener und – vorausgesetzt sie sind alleinstehend – für die Mitversicherung von Familienmitgliedern. Dass diese Belastung bei Gehältern über der Beitragsbemessungsgrenze relativ geringer wird, verschleiert nur die mangelhafte Äquivalenz zwischen Beitrag und Versicherungsleistung. Gerechter wäre es, diesen Sozialausgleich über die allgemeinen Steuern zu finanzieren, über erhöhtes Kindergeld und Zuschüsse für alle, soweit sie keine angemessene Krankheits- und Pflegeversicherung bezahlen können.

DIETRICH JAHN, Hannover

Schwimmen lernen ohne Schule

betr.: „Die Untergeher“, taz vom 24. / 25. 6. 17

Ich bin Grundschullehrerin, unterrichte in Bayern und erteile Schwimmunterricht. Ich glaube, Sie wissen gar nicht, unter welchen Bedingungen der Schwimmunterricht stattfindet: Ich bin allein mit einer Klasse (in meinem heftigsten Jahr einmal mit 30 Kindern), was – wegen der Aufsichtspflicht – bedeutet, dass ich niemals selbst im Wasser sein darf, wenn Kinder im Wasser sind. In Schwimmkursen hingegen kommen auf SchwimmlehrerInnen maximal fünf Kinder, sie stehen bei den Kindern im Wasser, tragen sie in Bauchlage, führen ihre Beine usw. Vom Beckenrand durch Zurufen Schwimmen zu lehren – das habe ich dieses Jahr gerade mal bei einem Kind geschafft, und das nur, weil dieses eine hervorragende Wasserlage und natürliche Begabung mitbrachte. Ich bin allerdings wie Sie eine absolute Befürworterin des Schwimmunterrichts: Wenn Kinder zu mir kommen, die das Seepferdchen erworben haben, bringt ihnen der Schwimm­unterricht – auch unter „meinen“ Bedingungen – viel. Gerade was die Ausdauer anbelangt, denn wer schwimmt im Spaßbad schon Bahnen? Also: Eltern! Bitte kümmert ihr euch um das Schwimmenlernen! Kommunen und Staat, schaut, dass nicht noch mehr Bäder schließen – gerade Grundschulkinder brauchen noch keine tausend Rutschen, damit ihnen das Baden Spaß macht. Und wenn wir dann an den Schulen noch die Lehrerstunden bekämen, dass wir pro Klasse immerhin mal zu zweit wären, dann müsste niemand mehr Angst vor der nächsten Badesaison haben. KATJA WUNDERWALD, Kutzenhausen