: Blick nach vorn
PERSPEKTIVEN Nachhaltige Geldanlagen haben harte Zeiten hinter sich. Der Ausblick ist zwar positiv, doch auf Kursschwankungen sollten Anleger sich auch künftig gefasst machen
MAX DEML, MARKTBEOBACHTER
VON TILMAN VON ROHDEN
So viel Offenheit ist selten. Von „grauenhaften Jahren für nachhaltig orientierte Geldanleger“ spricht Jörg Weber, der mit seinem Unternehmen Ecoreporter.de den Markt für seine Kunden, das sind private nachhaltige Anleger, intensiv beobachtet. Sein Branchenkollege Max Deml setzt noch einen drauf: „Das nächste Jahr wird wohl noch schwieriger“, sagt Deml, der das seit 1990 erscheinende „Handbuch Grünes Geld“ herausgibt. „Es hat keinen Unterschied gemacht, ob man sein Geld konventionell oder nachhaltig anlegt. Die Renditen ähneln sich“, sagt der Wahl-Wiener Deml. Allerdings könnten sich nachhaltig orientierte Anleger darauf stützen, „mit ihrem Geld etwas Positives bewirkt zu haben“.
Derzeit stagnieren die nachhaltigen Geldzuflüsse, der Markt wächst nicht mehr. Offensichtlich haben sich nachhaltig orientierte Anleger von der Entwicklung beeindrucken lassen. Dabei gibt es durchaus weiterhin recht attraktive Alternativen. „Nachhaltige Rentenfonds haben auch in schwierigen Zeiten gut abgeschnitten“, sagt Weber. Geschlossene Windfonds hätten ebenfalls in vielen Fällen für Freude gesorgt. Genussrechte mancher Anbieter, das sind festverzinsliche Papiere, sowie Mikrofinanzfonds hätten ihre Käufer „alles andere als enttäuscht“. Von „zufriedenen Kunden“ berichtet auch die Umweltbank. Die empfohlenen international ausgerichteten Investmentfonds und festverzinsliche Wertpapiere hätten sich bewährt und würden auch mittelfristig attraktiv bleiben. Thorsten Boiger, ein Vermögensberater des Geldhauses, hat beobachtet, dass sich das Verhalten der Anleger in den letzen Jahren verändert hat. „Sie sind zögerlicher geworden, Ängste und Unsicherheiten werden stärker sichtbar.“
Für den Marktbeobachter Deml stehen Anleger vor einer Grundsatzentscheidung: „Wer die jetzigen ausgeprägten Schwankungen bei nachhaltigen Aktien und Fonds von bis zu 50 Prozent zeitweiligem Verlust nicht mitgehen will, sollte sein finanzielles Engagement einstellen.“ Denn er erwartet, dass das Rauf und Runter instabiler Kurse sich fortsetzen wird. Wer jedoch auch in schwierigen Zeiten ruhig schläft, könne zum Beispiel in Windkraftprojekte oder -fonds, investieren. Denn Wind sei ein gut kalkulierbares Phänomen. Diese Empfehlung gelte allerdings nur für Anleger, die sich für 15 bis 20 Jahre festlegen. Jörg Weber wendet dagegen ein, dass Windkraft in erster Linie für deren Betreiber ein stabiles Geschäft sei. Für private Anleger sei diese Energieform dagegen „weniger kalkulierbar“.
Für private Anleger, die sich für erneuerbare Energien engagierten, werde es, so Jörg Weber, zunehmend schwieriger, denn kleine Projekte, die zum Beispiel nur wenige Windräder betreiben, könnten nicht so weiterarbeiten wie bisher. Das liege an den sinkenden Zulagen, die Betreiber aus dem Gesetz für erneuerbare Energien beziehen. Ein anderes Erschwernis resultiere aus einer Verschärfung des Kapitalanlagegesetzes. Es sehe vor, dass maximal 30 Prozent eines Projekts fremdfinanziert sein dürfen. „Im Moment betragen die Fremdmittel oft bis zu 80 Prozent. Das ist in Zukunft nicht mehr möglich“, sagt Weber. Deshalb seien eigenkapitalstarke Großprojekte, die in erster Linie Großinvestoren offenstehen, demnächst im Vorteil. Eine Folge sei, dass die Anzahl guter Anlagemöglichkeiten in erneuerbare Energie abnehmen werde.
Die nähere Zukunft wird nach Weber aber auch positive Wendungen bringen. „Eine schon stattfindende Marktbereinigung wird nachhaltigen Aktienfonds, die sich in Wahrheit von konventionell strukturierten Produkten kaum unterscheiden, das Leben immer schwerer machen.“ Weber erwartet deshalb viele neue und bessere Angebote für Anleger.
Soll der Anlagezeitraum kürzer sein, setzt Buchautor Max Deml auf festverzinsliche Papiere. Anleger, die fast jedes Risiko ausschließen wollen, sollten sich um ein Sparbuch bei einer nachhaltigen Bank kümmern. Es sei renditeschwach, aber die hinter der Bank stehende Einlagensicherung sei ein enorm hoher Schutzwall. Tetrateam aus Berlin, ein Büro für nachhaltige Versicherungs- und Finanzberatung, empfiehlt langfristig denkenden Anlegern in die energetische Sanierung von Immobilien zu investieren. Denn diese Projekte seien öffentlich gefördert und versprächen deshalb einen risikoarmen Renditeerfolg.