: Die Wahl des Falschen
PArtei-Krise
Seit dieser Woche hat der AfD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl und Landesvorsitzende aus Niedersachsen, Armin-Paul Hampel, ein neues Problem. Es sitzt im eigenen Jugendverband seiner Partei. Der Landesverband der Jungen Alternative (JA) wählte Lars Steinke zu seinem Vorsitzenden – trotz eines laufenden Parteiausschlussverfahrens.
Schon kurz nach der Wahl sollen zwölf Mitglieder der JA „mit sofortiger Wirkung“ ausgetreten sein. Auch Mario Olssen, ehemaliger JA-Bezirksvorsitzender in Lüneburg, schmiss ebenfalls hin. In seiner Rücktrittserklärung ruft er nun die „lieben Mitglieder und Funktions- oder Mandatsträger in der AfD“ dazu auf, die Zusammenarbeit mit dem Landesverband der JA einzustellen und „auszutreten“. Und auch Hampel kündigte nach der Wahl Steinkes an, die Zusammenarbeit mit der „Landes-JA in Zukunft zu verweigern“. Das dürfte schwierig werden: Die Landesparteisatzung schreibt vor, mit dem Nachwuchs zusammenzuarbeiten.
Den AfD-Landesvorstand und Teile des JA-Landesverbandes sorgt die Nähe von Steinke zu rechtsextremen Netzwerken und Bewegungen, die unter Beobachtung des Verfassungsschutzes (VS) stehen. Kaum was anderes befürchten die Rechtspopulisten mehr als selbst Beobachtungsobjekt des VS zu werden. Könnte diese Maßnahme doch Wähler abschrecken.
In dem Parteiausschlussverfahren – kann man der Rücktrittserklärung von Olsson entnehmen – wird Steinke das Auftreten beim rechtsextremen „Freundeskreis Thüringen/Niedersachsen“ vorgehalten. Dieser organisiert in der Region Göttingen mit anderen rechten Gruppen „Mahnwachen gegen Überfremdung“. In einer Whatsapp-Gruppe des JA-Bezirks Braunschweig, dem Steinke vorsteht, wurde – laut Olsson – geschrieben: „Wir sollten Tierversuche stoppen und Flüchtlinge dafür nehmen.“
Steinke wird auch vorgehalten, der „Identitären Bewegung“ (IB) nahe zu stehen. Und zu der IB besteht bei der AfD und JA ein Unvereinbarkeitsbeschluss. Die Nähe zum Freundeskreis wiegelt Steinke als „vollkommen erdacht“ ab, die Beziehungen zur IB wäre vor dem Unvereinbarkeitsbeschluss entstanden. Parteiausschlussverfahren und dann doch in den Parteijugendverband gewählt werden können? Pech für Hampel: In der Bundessatzung der JA wird erklärt ,eng zur Mutterpartei inhaltlich zu stehen, doch sie seien „selbstständig“. Unter „§ 6 AfD-Jugendverband; Selbständigkeit“: „Sie ist an Weisungen nicht gebunden.“ AS
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