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Lasset uns beten!

RELIGION In der Münchner Innenstadt gibt es keine Moscheen mehr. Die Muslime sind ratlos, wo sie sich zum Freitagsgebet treffen können – und bitten die Politik um Hilfe

Gebetsteppich im Theater: Muslime beim Freitagsgebet in den Münchner Kammerspielen Foto: Sven Hoppe/dpa

Aus München Dominik Baur

„Versuchen Sie doch mal, Räumlichkeiten für eine Moschee zu mieten“, schlägt Erkan Inan vor. Wo man es doch schon besonders schwer habe, eine Wohnung zu finden, wenn der Nachname türkisch klinge.

Inan gehört dem Migrationsbeirat der Stadt München an, in diesen Wochen verbringt er den Großteil seiner Freizeit damit, gemeinsam mit einer Initiative junger Muslime und dem Stadtrat Marian Offman provisorische Gebetsstätten für Münchner Muslime zu finden. Zweimal stellten nun schon die Kammerspiele einen Saal fürs Freitagsgebet zur Verfügung. Zuvor gewährten die Jesuiten den muslimischen Gläubigen im Michaelssaal spirituelle Zuflucht. Ein öffentliches Freitagsgebet auf dem Marienplatz wurde im letzten Moment abgesagt – angeblich aus Angst vor rechten Krawallmachern.

Die Situation spitzt sich zu, der Ramadan macht sie noch sichtbarer: In der Münchner Innenstadt fehlen Gebetsräume für Muslime. Zuletzt mussten die wenigen verbliebenen Moscheen schließen, weil die Brandschutzbestimmungen nicht mehr eingehalten werden konnten. Durch die große Zahl von Flüchtlingen, die zuletzt nach München gekommen ist, ist der Andrang auf die Moscheen gewachsen. Viele konnten die Sicherheitsauflagen nicht mehr erfüllen und mussten schließen – worauf der Druck auf die übrigen Moscheen noch stieg. Inan spricht von einem Teufelskreis. „Es ist ein Riesenproblem: Wir haben keine zentrale Moschee in München, wie es mal geplant war.“

Benjamin Idriz, der Vorsitzende des Münchner Forums für Islam, war der Initiator eines solchen Moscheebaus. Schon vor rund zehn Jahren begann Idriz, der selbst Imam im oberbayerischen Penzberg ist, für seine Idee zu werben. Der Gedanke: Die Muslime sollten raus aus den Hinterhöfen. Groß, repräsentativ und offen sollte die zentrale Münchner Moschee sein. Natürlich stieß Idriz auf Widerstände, doch schließlich fand sich ein geeignetes Grundstück in der Dachauer Straße. Aber als die größte Hürde überwunden schien, scheiterte das Projekt vor einem Jahr an der Finanzierung.

Viele Münchner Muslime, so stellte sich zudem heraus, bevorzugen ohnehin kleinere Moscheen, wo sie sich entsprechend ihrer Herkunft zusammenfinden können. Doch diese finden sie nun nur noch am Stadtrand.

Zuletzt mussten Moscheen wegen mangelnden Brandschutzes schließen

„Integration fängt auch in der Moschee an“, sagt Inan. Die Leute beschwerten sich einerseits über Parallelgesellschaften, die in den Hinterhofmoscheen ihr Biotop fänden. Wenn es allerdings weitergehe wie bisher, habe man statt der Hinterhofmoscheen bald Wohnungsmoscheen – „wo man gar nicht mehr rankommt“.

Die Stadt, so Inans Forderung, müsse jetzt aktiv werden. Da die Situation für andere Glaubensgemeinschaften nicht so schwierig sei wie für die Muslime, gebe es hier eine besondere Verantwortung. Die Stadt könnte bei der Suche nach Gebetsräumen behilflich sein, vielleicht als Vermieterin in Erscheinung treten. „Ein sichtbares Zeichen, eine Geste“, sagt Inan, wäre schon viel wert.

Stadtrat Marian Offman dagegen sieht die Zivilgesellschaft in der Pflicht. Die Stadt habe schließlich schon das Grundstück an der Dachauer Straße für den Moscheebau angeboten, die Finanzierung habe sie nicht auch noch übernehmen können. Offman ist jüdischen Glaubens, gehört der CSU an und unterstützt Münchens Muslime derzeit bei der Suche nach Gebetsplätzen. Er hofft nun, dass sich eine Institution findet, die regelmäßig für zwei Stunden in der Woche einen Raum zur Verfügung stellt. Unter den Muslimen seien besonders viel junge Menschen. „Und um die müssen wir uns kümmern“, betont Offman, „bevor sie den Salafisten und Islamisten in die Hände fallen“.

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