piwik no script img

Drei Tage, die die Welt betörten

GOLDEN ERA Ein Sampler rückt die afrikanischen Stars, die beim „Rumble in the Jungle“ auftraten, zurück ins Rampenlicht

Als „Rumble In The Jungle“ wurde er berühmt, der legendäre Boxkampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman in Kinshasa. Aber im Oktober 1974 wurde dort nicht nur Sport-, sondern auch Musikgeschichte geschrieben. Denn den Aufgalopp für die epische Ringschlacht bildete ein dreitägiges Musikfestival, das afroamerikanische Stars wie B. B. King oder James Brown erstmals nach Afrika brachte.

Die politische Dimension des Events überstrahlt längst seine sportliche Bedeutung. Allein, dass ein solches Ereignis wie ein Kampf um den Schwergewichtstitel auf dem afrikanischen Kontinent stattfand, hob das postkoloniale Selbstbewusstsein. Das von Hugh Masekela und Stewart Levine kuratierte Festival, bei dem kongolesische Sokous-Größen wie Franco oder Tabu Ley Rochereau neben den Weltstars aus den USA standen, das war nahezu genauso wichtig wie der legendäre K.-o.-Sieg von Ali. Zu jener war der Begriff „Weltmusik“ lange noch nicht erfunden und afrikanische Popmusik im Rest der Welt kaum bekannt.

Dass dieser Aspekt in Vergessenheit geriet, daran war Don King schuld. Der berüchtigte Box-Promoter hatte den Kampf zusammen mit Diktator Mobuto, der den Kongo erst drei Jahre zuvor in Zaire umbenannt hatte, organisiert. Anschließend verschwand King mit den Ton- und Filmaufnahmen des Festivals und stritt sich jahrelang mit Masekela und Levine vor Gericht. Der Oscar-prämierte „When We Were Kings“ konnte 1996 erstmals Ausschnitte verwenden, wie auch der 13 Jahre später entstandene „Soul Power“. Doch in beiden Dokumentarfilmen tauchen – abgesehen von Miriam Makeba – ausschließlich US-amerikanische Künstler auf.

Diesen schiefen Eindruck rückt „Zaire 74 – The African Artists“ nun endlich zurecht. Auf zwei CDs werden die Auftritte von Makeba, aber vor allem die der vielen Musiker aus dem damaligen Zaire dokumentiert. Sie waren zu jener Zeit in ganz Afrika Stars, sind jenseits des Kontinents bis heute aber sträflich unbekannt geblieben. Wenn man heute dem Orchestre Stukas oder der damals erst 19-jährigen Abeti Masikini zuhört, ist neben der musikalischen Brillanz des mit Jazz und Blues infizierten, polyrhythmischen Afro-Pops vor allem eins deutlich zu hören: der selbstgewisse Optimismus, dass Afrika eine glänzende Zukunft bevorstehe. Dass diese Hoffnung trog, dafür sorgte nicht zuletzt der von nahezu allen Künstlern auf „Zaire 74“ immer wieder besungene General Mobuto. Dass er sich als Gewaltherrscher entpuppen und sein Land ausplündern würde, das war damals noch nicht zu ahnen.

Thomas Winkler

V.A.: „Zaire 74 – The African Artists“ (Wrasse Records/Harmonia Mundi)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen