Euroland: Die Rezession ist da

KONJUNKTUR Wirtschaft schrumpft das zweite Quartal in Folge. Nun droht die Krise auch die Bundesrepublik zu erreichen. Wahrscheinlichkeit ist im Oktober rapide gestiegen

Schuld ist Analysten zufolge, dass die Euro-Zone ihre Schuldenkrise nur zögerlich löst

VON HERMANNUS PFEIFFER

HAMBURG taz | Die Eurozone steckt erstmals seit 2009 wieder in einer Rezession. Die Wirtschaft ist nach vorläufigen Schätzungen des europäischen Statistikamtes Eurostat vom Donnerstag im dritten Vierteljahr gegenüber dem zweiten Quartal weiter um 0,1 Prozent geschrumpft. Auch im letzten Vierteljahr 2012 dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) weiter sinken. Damit steigt nach Auffassung des Düsseldorfer Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) auch in Deutschland die Wahrscheinlichkeit einer Rezession „rapide an“.

Bereits im zweiten Quartal war die Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent zurückgegangen. Für Wirtschaftswissenschaftler steckt die Wirtschaft damit in einer Rezession, weil in zwei Quartalen hintereinander das BIP sank. Dabei hat das wirtschaftliche Gefälle im Euroraum seit dem Sommer noch weiter zugenommen: Die sogenannten Peripherieländer hinken den starken Kernländern immer weiter hinterher. Doch auch in Deutschland, lange Zeit das einzige größere Euroland mit einer vergleichsweise hohen Wachstumsrate von bis zu 3 Prozent noch im vergangenen Jahr, schwächt sich die Konjunktur deutlich ab. Das saisonbereinigte BIP legte in den Sommermonaten nur noch um 0,2 Prozent zu.

Folker Hellmeyer verweist als Erklärung vor allem auf „das Griechenlanddrama“. Die zögerliche Lösung des vergleichsweise kleinen Schuldenproblems Athens durch EU und Internationalen Währungsfonds belastet sogar „die gesamte Weltwirtschaft“, meint der Analyst der Bremer Landesbank. Auch Christian Lips führt die erneute Abschwächung vor allem auf die ungelöste Euro-Schuldenkrise zurück. Bremsend wirkt auch „das rauere weltwirtschaftliche Klima allgemein“. Ein gefährliches Indiz, so der Analyst der NordLB, sei zudem die Zurückhaltung bei Investitionen. Dies zeige, dass die Unternehmen weiterhin sehr vorsichtig für die nähere Zukunft planten. Bei der Commerzbank hält man das Mini-Wachstum in Deutschland denn auch „für vorerst die letzte gute Zahl“.

Damit rechnet auch das gewerkschaftsnahe Konjunkturforschungsinstitut IMK: „Die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft in nächster Zeit in eine Rezession gerät, ist im vergangenen Monat rapide angestiegen – zum dritten Mal in Folge“, warnt IMK-Ökonomin Sabine Stephan. Das signalisiere der hauseigene Konjunkturindikator. Erstmals in diesem Jahr komme der Indikator dem Rezessionsbereich nahe.

Gewerkschafter und überwiegend linke Ökonomen hierzulande, aber auch konservative Wirtschaftsminister einiger Euroländer haben immer wieder die extreme Exportorientierung der deutschen Wirtschaft kritisiert. Niedrige Lohnerhöhungen sowie der wachsende Bereich prekärer Arbeitsverhältnisse und Minijobs hätten dafür gesorgt, dass es hierzulande an Binnennachfrage mangelt. Dadurch fällt die Bundesrepublik als Konjunkturlokomotive für Europa aus und wurde selber abhängiger von der Konjunktur in anderen Ländern. Der Großteil der deutschen Exporte geht in Euroländer.