: Solidarisch mit Hausbesetzern
Philippinen Präsident Duterte zeigt überraschend Verständnis für seine Landsleute. Sie dürfen in besetzten Beamtenhäuschen wohnen bleiben
Aus Manila Hilja Müller
Rodrigo Duterte ist immer für eine Überraschung gut. Der wegen seines erbarmungslosen Drogenkriegs höchst umstrittene philippinische Präsident ist ja vor allem im eigenen Lande als Hardliner und Brutalo bekannt. Doch nun hat er in einem besonderen Fall Gnade vor Recht ergehen lassen und Hausbesetzungen durch mittellose Siedler akzeptiert.
Ein Rückblick: Unter Führung der linken Gruppierung Kadamay haben mehr als 20.000 Philippiner, die zuvor zum Großteil in Slums lebten, über einen längeren Zeitraum nahezu 6.000 leerstehende Häuser bezogen. Diese waren vom Staat eigentlich mal für Soldaten und Polizisten mit niedrigen Einkommen gebaut worden. Doch die wollten in den winzigen Unterkünften, die oft nicht mal über Wasser- und Stromanschluss verfügen und fernab ihrer Arbeitsplätze in der Hauptstadt Manila liegen, nicht wohnen.
So standen die „Schuhboxen“ in der Stadt Pandi fünf Jahre lang leer, während in dem ebenso bevölkerungsreichen wie armen Inselstaat offiziell mehr als fünf Millionen Wohnungen fehlen. Dies ist vor allem das Resultat einer verfehlten Wohnungsbaupolitik. Zwar wurden an den Rändern der Großstädte Unterkünfte für Arme und Geringverdiener geschaffen, doch die meist schlampig gebauten und schlecht angebundenen Siedlungen blieben oft Geisterstädte.
Kadamay hat diesem Problem nun Aufmerksamkeit verschafft. Drohte Präsident Duterte zunächst Zwangsräumungen an, hatte er inzwischen ein Einsehen. Die Hausbesetzer seien „einfach arm“ und er wolle „ein Blutvergießen vermeiden“, erklärte Duterte. Er bezeichnet sich selbst gern als Sozialist. Den Soldaten und Polizisten, die ohnehin nicht nach Pandi ziehen wollten, versprach er, bis Jahresende „größere und schönere Häuser“ bauen zu lassen.
Befriedet hat Duterte die linken Aktivisten nicht. Zwar sind einige der Siedler froh, statt in einer Wellblechhütte nun in einer solideren Unterkunft zu hausen. Doch fehlen eben Wasser, Strom und vor allem erreichbare Arbeitsplätze. Der Bürgermeister von Pandi, Celestino Marquez, sieht sich im Stich gelassen: „Präsident Duterte hat den mehr als 20.000 Siedlern erlaubt, in den Häusern zu bleiben. Aber was jetzt? Die brauchen Sozialleistungen und Jobs, wir brauchen Investitionen und Infrastruktur. Das sind Probleme, die wir nicht auf lokaler Ebene lösen können. Da muss die Regierung helfen.“
Ob und wann dies geschehen wird, ist unklar. Fakt ist, dass Dutertes Bilanz in Sachen Armutsbekämpfung und Jobbeschaffung ein knappes Jahr nach seiner Wahl dünn aussieht. Tatsächlich ist die Arbeitslosigkeit im ersten Quartal 2017 sogar um zwei Prozent gestiegen, die monatlichen Inflationsraten sind die höchsten seit zwei Jahren. Kadamay-Anführerin Gloria Arrelano wirft ihm vor, seine Wahlversprechen nicht erfüllt zu haben. „Viele Arme, die ihn gewählt haben, sind sehr frustriert“, so die Aktivistin. „Deswegen kommt es zu solchen Aktionen wie jetzt in Pandi.“
Duterte hat derweil zu seinem üblichen Ton zurückgefunden. Vor Soldaten in Palawan polterte er: „Ich werde neue Unterkünfte für euch bauen – und die werde ich mit Maschinengewehren bewachen lassen.“
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