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Press-Schlag Welche Erkenntnisse wir dem Präsidenten des FC Bayern München verdankenDer Hoeneß als Chance

Man muss sich in die ­Atmosphäre einfühlen. Da kommen 108 Gäste, die jeweils fast 400 Franken für ein Viergangmenü zahlen, in die Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein, um einem Event beizuwohnen, das vom Titel her gar nicht so recht zu den feudalen Strukturen des Kleinstaats passen möchte. „Meet the President“ heißt es, und die gewiss mit Finanztranskationen vertrauten abendlichen Gäste – „meist männlich“, wie die Schweizer Zeitung Blick bemerkt – treffen Uli Hoeneß. Wir unter uns.

Und der Präsident, der da für 20.000 Franken Gage plaudert, erntet laut Blick genau dann den größten Beifall, „als er offen über seine 21-­monatige Haftzeit zu reden beginnt“. Das interessiert das Publikum. Entsprechend klatscht es bei solchen Sätzen: „Ein Freispruch wäre völlig normal gewesen. Aber in diesem Spiel habe ich klar gegen die Medien verloren.“

Die Botschaft, die Hoeneß an seinesgleichen hat, lautet: Ob Sie in Haft gehen oder nicht, das entscheiden ganz allein Sie. Vorteile haben Sie immer. „Ich dachte, es hängt mir ein Makel an, ich werde vielleicht geächtet. Doch das Gegenteil war der Fall. Wenn ich früher nach Bremen kam, haben die Leute 30 Minuten lang ‚Hoeneß, du Arschloch!‘ geschrien.“ Und jetzt? „Jetzt war ich kürzlich wieder dort, da wollten 500 Leute ein Selfie mit mir machen. Da wusste ich, es war total richtig, das Urteil anzunehmen.“

Noch einen positiven ­Effekt hatte die Haft. Uli Hoeneß wurde jünger: „Ich bin jetzt 65 geworden. Aber ich habe ja zwei Jahre Trainingslager gehabt, wo ich mich erholen konnte. Darum bin ich eigentlich erst 63 Jahre alt.“

Ja warum ging er denn überhaupt in den Knast, der Herr Präsident, der seine Abendgage selbstverständlich an die Bayern-Hilfe e. V. spendet? Er sagt’s uns: Sich selbst geschadet hat er. „Mein wirtschaftliches Ergebnis bei der Bank Vontobel von 2001 bis 2010 war minus 3 Millionen Euro. Ich habe über 40 Millionen Strafe gezahlt, inklusive 18 Millionen Zinsen und 2 Millionen Kirchensteuer.“

Bei so viel Geld, das er gelatzt hat, hätte er die Haft gar nicht antreten müssen. „Trotzdem entschied ich mich, ins Gefängnis zu gehen.“

Aber das hätte – trotz der gezahlten Kirchensteuer – andere Scherereien bedeutet „Wir hätten ja Revision am Bundesgerichtshof machen können. Das wäre vielleicht ein Jahr gegangen. Dann wäre es vielleicht wieder zurück ans Landesgericht gegangen. Dann wäre vielleicht wieder ein Jahr vergangen.“

Aufregung über Hoeneß und seinen „dreisten Auftritt in Steuer-Oase“ (Bild-Zeitung) ist fehl am Platze. Der Herr Fußballpräsident und der Applaus, der ihn in Liechtenstein warm umschmeichelte, hat uns einen ­Einblick in das Fühlen und Denken nicht nur von Hoeneß gewährt.

„Trotzdem entschied ich mich, ins ­Gefängnis zu gehen“

Uli Hoeneß

Kurz gesagt: Man kann weitermachen wie bisher. Ob man ins Gefängnis geht, entscheidet man selbst, und wenn man es macht, ist es nicht zum Schaden. Oder, wie die Gefängnisdirektorin bei der Haftentlassung zu ihm sagte: „Herr Hoeneß, Sie sind der Erste, der rausgeht und zwei Fanklubs hat. Einen bei den Beamten, einen bei den Gefangenen.“

Eigentlich ist da ja noch ein dritter Fanklub: eine Gruppe, die zwischen den anderen changiert und in der Hofkellerei sitzt.

Martin Krauss

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