Tipp: Klaus Wolschner über das große Liederfest „Bremen so frei“ am 1. Juni: Ein zutiefst bremisches Liederfest
Bremen so frei“ lautet das Motto des großen Liederfestes auf dem Bremer Marktplatz. Es ist noch ein bisschen hin, aber Grundschulkinder üben bereits ihre elf Lieder, die dort gemeinsam mit allen sangesfreudigen Erwachsenen unter Leitung von Susanne Gläss (Uni Bremen) erklingen sollen. Die Gebrüder Nicolas und David Jehn aus Worpswede haben sie komponiert nach Texten der Bremerin Imke Burma. Eine tief bremische Geschichte also.
Die Lieder handeln von der Bremer Düne, dem Rathaus und den Pfeffersäcken. Die Noten gibt es im Internet unter www.bremen-so-frei.de und wer sie unter fachkundiger Anleitung von Susanne Gläss üben möchte, kann das sonntags tun (14., 21. und 28. Mai zwischen 14 und 17 Uhr im Chor-Hörsaal des GW1). Die Idee zu dem Event, das eine Tradition begründen und einen Mythos pflegen könnte, stammt von dem ehemaligen Bau-Staatsrat Eberhard Kulenkampff, der dieses Jahr 90 wird.
Der 1. Juni wurde sicher in erster Linie gewählt, weil das Wetter da schöner sein dürfte. Dass der in diesem Jahr auf einen Donnerstag fällt, macht die Sache für die Schulklassen praktischer. „70 Jahre besteht das Land Bremen seit der Neugründung nach dem zweiten Weltkrieg“, schreibt hingegen die Initiative. Und da Mythen für das Selbstverständnis der Menschen eine große Rolle spielen, darf man bei ihrer Begründung nicht allzu kritisch sein. In dem Tagebuch des 1947 amtierenden (zweiten) Bürgermeisters Theodor Spitta findet man unter dem 1. Juni allerdings schlicht: nichts. Das Wetter war aber offenbar schön.
Zur „Amerikanischen Enklave“ war Bremen schon im Januar geworden. Die Landesverfassung, datiert auch von 1947, wurde im Oktober beschlossen. Also warum der 1. Juni? Auch das ist eine Idee Kulenkampffs, der aber nicht an 1947 dachte, sondern an 1646. Zum 371. Mal jährt sich also, dass Bremen damals den Titel „Reichsunabhängige Stadt“ verliehen bekam. Das hatte aber mit „bremen-so-frei“ nichts zu tun, es war ein diplomatischer Schachzug gegen die Schweden, mit rund 100.000 Talern teuer erkauft – der Kaiser brauchte das Geld. Im „Frieden von Habenhausen“ verzichtete Bremen 1666 wieder auf diesen schönen Titel, die Schweden nahmen die symbolische Geste dankbar zum Vorwand und zogen ab. Aber das sind alte Geschichten, die das Singe-Fest nicht bremsen können. Da geht es um ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl. Angesprochen ist, „wer hier lebt, wer was lernen will über Bremens Geschichte, wessen Herz für Bremen schlägt“ und „wer gern schöne Lieder singt!“.
Konzert: 1. Juni, 10 Uhr,Bremer Marktplatz
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