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Rechnungshof rügt Regierung

Privatisierung Der Bericht des Rechnungshofes zum geplatzten Verkauf des Flughafens Hahn attestiert dem rheinland-pfälzischen SPD-Innenminister Roger Lewentz zahlreiche Fehler

Ja wo fliegen sie denn? Der Flughafen Hahn macht Verlust Foto: dpa

MAINZ taz | Eine glatte Sechs erteilt der rheinland-pfälzische Landesrechnungshof der Regierung für den geplatzten Verkauf des Flughafens Hahn. „Von Anfang an“, habe es in dem Verkaufsprozess „Auffälligkeiten gegeben, die eine gründliche Prüfung geboten hätten“, schreiben die Rechnungsprüfer dem zuständigen Innenminister Roger Lewentz, SPD, und der ihn beratenden KPMG ins Stammbuch. Am heutigen Freitag diskutiert der Mainzer Landtag den Bericht. „Die Luft für Lewentz wird dünn“, meint CDU-Fraktionsvize Alexander Licht. Ministerpräsidentin Malu Dreyer, SPD, hält dagegen: „Roger Le­wentz ein sehr guter Innenminister und hat mit großer Konsequenz aus Fehlern gelernt.“

2016 hatte die SPD-geführte Landesregierung den Flughafen beinahe an den chinesischen Investor SYT verkauft. Der Verkauf platzte, weil sich SYT als nicht seriös erwies. Der Skandal stürzte die neu formierte Mainzer Ko­alition in eine Existenzkrise.

Dass Lewentz Fehler gemacht hat, ist unstrittig. Auf 97 Seiten listen die Rechnungsprüfer die Versäumnisse auf. Schon die Auswahl des Bieters SYT wird kritisiert. Weder die Gesellschaft noch ihre Vertreter hätten Erfahrungen im Betrieb eines Flughafens vorzuweisen gehabt, das Stammkapital sei mit 14.000 Euro „äußerst gering“ gewesen. Der vorgelegte Businessplan sei „schon bei kursorischer Prüfung weder realistisch noch nachvollziehbar“ gewesen. Innenministerium und Beratungsgesellschaft hätten Fotos und Finanzierungsnachweise „weder auf Echtheit noch Plausibilität geprüft“, Sogar eine angebliche „Bankgarantie“ über die astronomische Summe von 200 Milliarden US-Dollar habe keine Irritationen ausgelöst. Das Innenministerium habe dem rheinland-pfälzische Kabinett vor dessen Entscheidung die Sach- und Rechtslage „nicht aktuell, vollständig und differenziert dargestellt“.

Der Verkaufsprozess war erst gestoppt worden, als vereinbarte Zahlungen ausblieben. Ein Journalist hatte die angebliche Firmenzentrale in China aufgesucht und lediglich einen Briefkasten vorgefunden. Bankbelege erwiesen sich als gefälscht. Der für das Desaster verantwortliche Innenminister überstand die erste Welle der Kritik. Die Koalition wies einen Misstrauensantrag gegen die Landesregierung zurück.

Auch jetzt will Lewentz nichts von Rücktritt wissen. Entschieden weist er den Vorwurf zurück, das Kabinett sei getäuscht worden. „Mündlich“ seien im Ministerrat alle Fakten vorgetragen worden, von Kabinettssitzungen würden lediglich Ergebnisprotokolle dokumentiert, das habe der Rechnunsghof igno­riert. Parallelen zu den Skandalen um die Pleite des Nürburgrings sieht Lewentz nicht.

CDU-Landeschefin Julia Klöck­ner sagte der taz: „Es ist bundesweit einmalig, dass sich eine Landesregierung innerhalb weniger Jahre gleich bei zwei Großprojekten – dem Nürburgring und dem Hahn – von offensichtlichen Aufschneidern an der Nase herumführen lässt. In beiden Fällen haben sich SPD-geführte Landesregierungen von Parteipolitik und nicht von Sachargumenten leiten lassen.“

Beim zweiten Bieterverfahren seien alle Fehler des ersten vermieden worden, meint dagegen Lewentz. „Wir haben aus den Versäumnissen gelernt.“ Der Rechnungshofbericht sei eine „verkürzte Sachdarstellung“, die durch „die aktuelle Entwicklung überholt“ sei.

„Die Luft für Minister Lewentz wird dünn“

Alexander Licht, CDU-Fraktionsvize

Vor einer Woche hat der Mainzer Landtag mit den Stimmen der Ampelkoalition schließlich den Weg für den Verkauf des Flughafens an die chinesische HNA frei gemacht, ein großes Luftfahrtunternehmen, das eine Fluglinie und zahlreiche Flughäfen betreibt.

Auch nach der Privatisierung wird das Land viele Millio­nen Steuergelder für den defizitären Flughafen aufbringen müssen. Es haftet für Altlasten auf der ehemaligen US-Airbase und ist bereit, private Inves­titionen mit zweistelligen Mil­lio­nen­beträgen zu bezuschussen. Das könnte unterm Strich bis zu 100 Millionen Euro kosten. Trotzdem sieht die Mainzer Koalition keine Alternative. Nur mit der Privatisierung gebe es eine Hoffnung für den Flughafen und seine Beschäftigten, sagte SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer in der Debatte: „Es gibt keine Garantie, aber wenn wir nicht handeln, gehen auf dem Hahn die Lichter aus.“ Christoph Schmidt-Lunau

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