LeserInnenbriefe
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Redet mit den psychisch Kranken!

betr.: „Dokumentation: Tödliche Polizeischüsse in Deutschland“, taz vom 11. 5. 17

Bericht, Kommentar und Interview zu diesem Thema habe ich mit sehr großem Interesse gelesen.

1. bin ich an Depression erkrankt und gehöre damit zu den „psychisch Erkrankten“.

2. arbeite ich ehrenamtlich bei BASTA, „Bündnis für psychisch Erkrankte“ in München. BASTA führt seit 2001 Seminare an den beiden bayerischen Polizeifachhochschulen in Fürstenfeldbruck und Sulzbach-Rosenberg unter dem Thema „Umgang mit psychisch Erkrankten bei Einsätzen“ durch. Habe früher selbst dabei mitgemacht. Wir sind bei diesen Seminaren trialogisch besetzt: Profi aus dem Psychiatriebereich (Psychiater, Psychologe, Sozialarbeiter), Vertreter des Angehörigenverbandes psychisch Kranker, Betroffener. Meistens sind es Polizisten, die vom mittleren in den gehobenen Polizeidienst befördert werden. Also einige Jahre Berufserfahrung. Einer äußerte mal: „Es wird manchmal zu viel Spezialwissen von uns verlangt. Bei einem Einsatz sollen wir uns mit psychisch Erkrankten auskennen, beim nächsten Einsatz – vielleicht kurze Zeit später – sollen wir plötzlich Kenntnisse über den Schwerlastverkehr haben.“ Ein anderer Polizist, dessen Kollegin einen psychisch Erkrankten erschoss, äußerte, er weiß genau, dass er in der nächsten Zeit bei psychisch Erkrankten zu oft die Handschellen gebrauchen wird, um nicht in die gleiche Situation zu kommen. Es ist durchaus die Bereitschaft da, Selbstreflexion zu leisten. Gäbe es flächendeckend mehr sogenannte Kriseninterventionsdienste, die Polizisten bei entsprechenden Einsätzen herbeirufen können, gäbe es mit Sicherheit weniger Tote.

Hier in Bayern gibt es gut funktionierende entsprechende Dienste im Bezirk Oberbayern und im Bezirk Mittelfranken. Weiteres: Hier ging es um Tötung durch Schusswaffen. 2006 gab es in Immenstadt im Allgäu eine Tötung eines psychisch Erkrankten durch den sogenannten Festnahmegriff. Die Allgäuer Zeitung hat mich damals interviewt und getitelt (toller Titel!): „Auch im Extremfall – Reden statt Gewalt“. Ich glaube, jetzt ist klar, warum ich dieses Thema in der taz verschlungen habe.

WOLFGANG BLUMTRITT (BASTA), Kempten im Allgäu

Kasernenname steht im Spind ...

Betr.: „Grenzen der Befehlsgewalt“, taz vom 22. 5. 2017

Herr Hillenbrand verrenkt sich bei absurden Logikübungen. Ein Offizier des Generalstabs mit EK II und I überlebt den Krieg und läutert sich zum Vorzeigedemokraten. Dafür gebührt ihm ein Denkmal. Ein hoch dekorierter Pilot überlebt den Krieg nicht, kann sich nicht läutern und gehört vom Denkmalsockel gestoßen. Klaus Hillenbrand gibt sich selbst ein Thema vor und verfehlt es ganz und gar. Kasernen stehen keine Namen zu; man sollte sie durchnummerieren oder nach ihrem Standort benennen.

Ein bisschen Demokratie würde ich gewähren: Jede Kaserne erhält den Namen der Person, die bei den Spind-Bildern eine Mehrheit erreicht. Notfalls müsste man auch hier durchnummerieren, zum Beispiel Helen Vita I und II und III ...

GERT GROPP, Kirchhoven

Werd erwachsen, Bundeswehr!

betr.: „Grenzen der Befehlsgewalt“, taz vom 22. 5. 2017

Nach allen Vorkommnissen und Unklarheiten, warum nicht konsequent? Nach niemandem aus der Wehrmacht, der nicht im Widerstand war, kann eine Kaserne benannt werden. Fertig. Dann eben auch nicht nach Baudissin und anderen Gründern der Bundeswehr. Klar können sich Menschen ändern – aber daraus erwächst kein Anspruch auf Ehrung, denn offenbar hat er vorher unkritisch für einen Verbrecherstaat gefochten. Manches lässt sich sühnen und vergeben – aber deshalb doch nicht reinwaschen. Das nostalgische Hängen an alten Helden ist unreif, die Bundeswehr sollte erwachsen werden. SILKE KARCHER, Berlin

Keine Rückfragen an die Königin?

betr.: „Wer nicht wählt, ist ein Arschloch“, taz vom 20./21. 5. 17

Die Königin der deutschen Club-Kultur im Gespräch mit der taz: „Wer nicht wählt, ist ein Arschloch“, „die Linke ist zu durchgeknallt“, „Sahra Wagenknecht hat einfach einen Schuss“, „Merkel besitzt Klugheit und Besonnenheit, sie ist einfach eine gute Regentin, sie finde ich schon sehr gut“. Selbstverständlich kann und darf die „Königin der Club-Kultur“ ihre Meinung vertreten, auch auf ihre Arschloch-Weise. „Atomkraftwerke müssen sofort abgeschaltet werden.“ „Wir fordern die Auflösung der Nato.“ Das sind nur zwei Forderungen aus dem Wahlprogramm der Linken. Hält Humpe die Linke dennoch oder deswegen für zu durchgeknallt? Was mich bedrückt, beunruhigt und was einer Zeitung, die informativ sein will, unwürdig ist: Die Meinungen der „Königin“ werden nicht hinterfragt, bleiben ohne Erklärung, ohne Konkretisierung. KLAUS RABE, Hamburg

Alles so schön bunt hier

betr.: „Wer nicht wählt, ist ein Arschloch“, taz vom 20./21. 5. 17

Das Interview mit Inga Humpe war schon sehr aufschlussreich. Von der Provinz kommend, war man zuerst bitterböser Punk, als die Wut abklang, tanzte man nach der Wiedervereinigung für den Frieden. Als das, wider Erwarten, nicht funktionierte, wurden Nichtwähler zu Arschlöchern und Sahra Wagenknecht hat einen Schuss ... Über Schwarz-Grün kommt man jetzt doch endlich zu Mutti. Irgendwie ist am Ende doch alles Hagen.

JÜRGEN HAMMER, Schwalmtal