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Rebellische Bohnen

Kaffee Die Zahl fair und nachhaltig arbeitender Röstereien nimmt zu. Eine sitzt in Hamburg-Wilhelmsburg und führt Erzeugnisse indigener Widerstandsgemeinden ein

Überschaubare Produktpalette: Kerstin Trubert vor dem Holzregal mit Kaffee und Informationsmaterial Foto: Knut Henkel

Von Knut Henkel

Deutschkurse werden in der Nachbarschaft angeboten, eine Nähwerkstatt stellt Kostüme für Theaterkurse her und schräg gegenüber vom Eingang der Kaffeekooperative Aroma Zapatista werden Werkzeuge auf ihre Zuverlässigkeit geprüft. – Alltag im Wilhelmsburger Veringhof, wo Gewerbetreibende aus unterschiedlichen Spektren aufeinandertreffen.

„Vor vier Jahren sind wir in unsere kleine Halle eingezogen“, sagt Kerstin Trubert und weist den Weg die Treppe nach oben in den zweiten Stock. Dort haben sich die Kaffee-Genossen eine kleine Küche eingebaut, wo auch die blitzende Espressomaschine aus Edelstahl steht, aus der Kunden und Besucher verköstigt werden. Aromatische Bohnen, nachhaltig angebaut, zu fairen Preisen importiert, in und um Hamburg geröstet, gemahlen, verpackt und verkauft – das ist die Kernidee hinter Aroma Zapatista.

Vier Genoss*innen, 580 Sack Kaffee

Kerstin Trubert gehört zu den vier Genoss*innen, drei Frauen und einem Mann, die im Mai 2012 nach Lagerfläche für 580 Sack Kaffee suchten und nach einer Heimat für die frisch gegründete Kooperative. „Aus der Genossenschaft Café Libertad sind wir hervorgegangen und deshalb starteten wir mit dem Rohkaffee“, sagt Trubert. „Der half uns peu à peu in Hamburgs fairer Kaffeeszene Fuß zu fassen“.

Das ist geglückt. Hamburgs derzeit wohl jüngste Kaffeekooperative hat sich auf dem Markt etabliert, schreibt schwarze Zahlen und wächst kontinuierlich. 2016 sind knapp sechshundert Sack (rund 41 Tonnen) geröstet, verpackt und verkauft worden. Das sind rund hundert Sack mehr als 2015 und das haben die Kaffeegenossen auch der Tatsache zu verdanken, dass sie neben den klassischen zapatistischen Chiapas-Bohnen nun auch faire Kaffeebohnen aus Kolumbien importieren.

Aus dem Cauca, einem südlich der Millionenstadt Cali gelegenen Verwaltungsbezirk, kommt der Rohkaffee. Geerntet werden die Bohnen von Kleinbauern der Nasa, einer der indigenen Ethnien Kolumbiens. Die haben sich organisiert, bieten neben Kaffee auch andere Produkte an, verbessern die Gesundheitsversorgung in den Gemeinden und versuchen ihre traditionellen Territorien gegen das Eindringen von Bergbau- und Agrarkonzernen zu verteidigen. Alles andere als einfach in einem Land, wo Gewalt zur Durchsetzung von ökonomischen wie politischen Interessen freimütig eingesetzt wird.

Die gute Organisation der indigenen Bauern ist ungewöhnlich für Kolumbien. Mit „Cencoic“ haben sie eine zentrale Vertriebs- und Verkaufsorganisation gegründet, bei der auch Kerstin Trubert die Säcke mit den grünen Bohnen bestellt. Über die „Kolumbiengruppe“ in Berlin ist der Kontakt zu den pazifistischen Nasa-Kaffeebauern zustande gekommen, die exzellenten Kaffee produzieren.

Der kommt gerade recht, denn der traditionelle Lieferant von Aroma Zapatista kämpft in Chiapas mit dem Kaffeerost – einem hartnäckigen Pilz, der die Erträge je nach Kooperative um 50 bis 90 Prozent reduziert hat. „Folgerichtig erhalten wir deutlich weniger Kaffee aus Chiapas, sodass der Kaffee aus dem Cauca seit November 2015 unser zweites Standbein ist“, sagt Kerstin Trubert und deutet auf das schmale Holzregal, neben dem Eingang zum Büro im Parterre. Sämtliche Kaffeeprodukte der Genossen, aber auch Infomaterial und T-Shirts sind dort zu sehen.

Begonnen hat das Quartett hinter „Aroma Zapatista“ mit dem Verkauf von zapatistischem Kaffee in Wilhelmsburg. „Im Infoladen, im Bioshop, aber auch in ein paar Cafés“, erinnert sich Trubert an die ersten Gehversuche der Genossen.

Heute beliefert das Kaffeekollektiv Bars und Kneipen, aber auch Festivals wie die Fusion in Lärz mit Filterkaffee, gemahlenem Espresso und ganzen Bohnen. Unter so klangvollen Namen wie „Fuego y Palabra“, „Intergaláctico“ oder „Estrella Fusión“ wird der Kaffee an die Kundschaft gebracht und jedes Jahr steigt der Umsatz zweistellig.

Die Genossen wollen sehen, wie die Zuschläge von 45 Cent pro Kilo Kaffee investiert werden

Neue Genossen stehen in den Startlöchern und für das Frühjahr sind die obligatorischen Reisen zu den Produzenten geplant. Die gehören zur Philosophie von Aroma Zapatista, denn die Genossen aus Wilhelmsburg wollen auch sehen wie die Zuschläge von 45 Cent pro Kilo Kaffee, die in den Fonds für Projekte fließen, investiert werden. Das hat genauso Tradition wie das Rösten der Bohnen in einer größeren Rösterei in Kaltenkirchen, wo auf Fairness und Nachhaltigkeit Wert gelegt wird.

Freundschaftliche Zusammenarbeit

Neu im Angebot ist hingegen die Trömmelröstung Preguntando Caminos, die vom befreundeten Kollektiv, La Gota Negra, in kleinen Mengen aus Bohnen aus Chiapas produziert wird. Das kann sich ändern, denn der Filterkaffee Minga und der Espresso Kintín aus dem Cauca sind gut angekommen und mittlerweile gibt es auch ein Blend mit mexikanischen und kolumbianischen Bohnen: den Estrella Fusión.

„Ob da in absehbarer Zeit noch eine Trommelröstung mit kolumbianischem Espresso hinzukommt, wissen wir noch nicht. Wir kommen gerade kaum hinterher“, erklärt Kerstin Trubert und verschwindet in das kleine Büro, wo das Telefon klingelt.

www.aroma-zapatista.de

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