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Bayerns Unverzichtbarer

CSU Seit zwei Jahren inszeniert Seehofer seinen Rücktritt vom Rücktritt. Jetzt ist klar: Der 67-Jährige bleibt Parteichef und Landesvater. Er werde gebraucht, lässt er durchblicken

An der Seite des Landesvaters: Joachim Herrmann (l.) neben Seehofer höchstselbst Foto: Sven Hoppe/dpa

Aus München Dominik Baur

Als die stellvertretende Ministerpräsidentin die Treppe im Franz-Josef-Strauß-Haus herunterkommt, strahlt sie. „Und?“, wird sie gefragt. „Alles klar“, antwortet Ilse Aigner. Mehr nicht. Mehr braucht es auch nicht. Denn es ist ohnehin schon alles klar: Horst Lorenz Seehofer, 67, bleibt CSU-Chef und Ministerpräsident. Vorausgesetzt natürlich, er erhält dafür die Zustimmung seiner Partei und seines Volkes. Aber das gilt in Bayern als Formsache.

Es herrscht gute Laune in der CSU-Vorstandssitzung, auf der Seehofer seine Entscheidung noch einmal feierlich verkündet. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt lehnt den linken Arm lässig auf die Schulter von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, des Mannes, der sich eben an ihm vorbei auf Platz eins der Bundestagsliste gedrängelt hat. Es gilt, Siegesgewissheit auszustrahlen. Und bloß nicht zeigen, dass man zu denen gehören könnte, die sich eine andere Entscheidung erhofft haben.

Seehofer wird später sagen, er habe selten erlebt, dass sich in einer Vorstandssitzung Teilnehmer zu Wort meldeten, nur um mitzuteilen, wie glücklich sie seien. Auch Seehofers Vorvorgänger Edmund Stoiber gibt sich zufrieden, erzählt den Journalisten von „dem Zugpferd schlechthin“ und wie gut die CSU personell aufgestellt sei. „Sind wir froh, dass wir so viele haben.“ So viele, die dann doch wieder nicht zum Zuge kommen?

Aigners Freude angesichts der Seehofer-Entscheidung immerhin dürfte ungespielt sein. Sie gehörte zu denen, die sich frühzeitig für einen Verbleib ihres Chefs im Amt ausgesprochen haben.

Und was war das für eine Inszenierung: Vor über zwei Jahren ging es los. Da machte Seehofer die ersten Andeutungen, dass das mit seinem angekündigten Rückzug aus der Politik 2018 vielleicht doch nicht so ernst zu nehmen sei. Im vergangenen Herbst bekamen die Spekulationen neuen Zündstoff. Oft war es Seehofer selbst, der sie befeuerte – um sich daraufhin über das „Quatschi-Quatschi“ in der CSU zu echauffieren.

Dann die nächste Volte: Er würde den Parteivorsitz schon jetzt abgeben, wenn sich ein Interessent meldete. Er könne schließlich „für die CSU nicht ewig den Libero machen“, klagte Seehofer vor einem halben Jahr. Und zwischenrein im Plausch mit Journalisten immer wieder die Bemerkung: „Es wird anders kommen, als Sie denken.“ Von Gesprächen mit allen potenziellen Anwärtern war die Rede. Es melde sich einfach keiner für den Parteivorsitz, hieß es dann, und schließlich nur noch: Über die Osterfeiertage werde er in sich gehen, Familienrat abhalten und sich von seinem Arzt durchchecken lassen.

Einmal unterbricht er seinen Osterurlaub im Altmühltal: Da geht es zum ehemaligen Papst nach Rom. Benedikt XVI. feiert seinen Neunzigsten. Ob er den Pontifex emeritus denn auch in Sachen Karriereplanung um Rat gebeten habe, wird Seehofer gefragt. „Das habe ich nicht gewagt“, entgegnet er. „Weil was hätte ich gemacht, wenn er gesagt hätte: Machen Sie’s so wie ich!“ Seehofer schnaubt sein Seehofer-Lachen in die Kamera. „Was hätte ich dann gemacht?“

Er könne „für die CSU nicht ewig den Libero machen“, klagt Seehofer

Klingt, als sei die Entscheidung da schon lange gefallen – woran in Wirklichkeit auch keiner zweifelt. „Alles Krampf“, sagt Seehofer am Montag nach der Vorstandssitzung auf einer Pressekonferenz. In Wahrheit sei die Entscheidung erst an diesem Sonntagabend gefallen und zwar in kleinster Runde, nur er und Ehefrau Karin hätten sich beraten – „nachdem ich den Schock der Niederlage des FC Ingolstadt verarbeitet hatte“.

Seehofer spricht dann von den 46 Jahren, die er nun schon in der CSU sei, von seinen 37 Jahren als Berufspolitiker, und dass es noch eine ganze Menge gebe, „was ich für Bayern und Deutschland bewirken kann“. Und vom „Ende eines von mir selbst verursachten Fehlers“. Er hätte sich damals, 2012, nicht schon auf ein Karriereende 2018 festlegen dürfen, sagt er und wehrt alle Nachfragen ab, ob er denn gedenke, noch eine ganze Legislaturperiode lang Ministerpräsident zu bleiben.

Und woher kommt er nun, der Sinneswandel? Eine wirkliche Antwort bleibt Seehofer schuldig. Von veränderter Weltlage und Parteienlandschaft spricht er, also: In Zeiten von Trump, Erdoğan und AfD braucht es in Bayern einen Ministerpräsidenten vom Format eines Horst Seehofers. Und da gibt es nur: Horst Seehofer.

Der so oft kolportierte eigentliche Grund für Seehofers Weitermachen, ist zu dem Zeitpunkt schon verschwunden, im BMW. Dass es schön sei, dass es jetzt klare Verhältnisse gebe, hatte Markus Söder davor noch schnell gesagt.

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