Abstimmung im britischen Unterhaus: Große Mehrheit für Neuwahl

Die vorgezogene Abstimmung ist besiegelt. Dafür votierten sogar mehr als die erforderlichen zwei Drittel der Abgeordneten. Kritik gab es trotzdem.

Jeremy Corbyn spricht im Unterhaus

Labour-Chef Jeremy Corbyn begrüßt die vorgezogene Parlamentswahl Foto: dpa

DUBLIN taz | Theresa May hat ihren Willen durchgesetzt. Das Londoner Unterhaus hat am Mittwochnachmittag vorgezogene Wahlen für den 8. Juni mit überwältigender Mehrheit abgesegnet. 522 Abgeordnete stimmten dafür, 13 dagegen. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit wurde also deutlich erreicht. Die Premierministerin hatte seit ihrem Amtsantritt im vergangenen Juli immer wieder betont, dass Neuwahlen für sie nicht infrage kommen. Am Dienstag überraschte sie die Bevölkerung und die Oppositionsparteien mit ihrem Meinungsumschwung.

May ist davon überzeugt, dass sie die Wahlen haushoch gewinnen werde, und die Meinungsumfragen bestätigen das bisher: Die Tories liegen bis zu 20 Punkte vor Labour. Die Premierministerin sagt, sie benötige eine deutliche Unterhausmehrheit, um ihre Position bei den Verhandlungen über den EU-Austritt zu stärken.

Die Labour-Abgeordnete Yvette Cooper bezeichnete May mehr oder weniger als Lügnerin. Gestern habe May behauptet, sie rufe Neuwahlen aus, weil das Parlament den Brexit blockiere, sagte Cooper. „Aber drei Viertel der Abgeordneten und zwei Drittel der Lords haben dafür gestimmt“, sagte sie. „Das war also eine Unwahrheit.“ Und noch vor einem Monat habe sie eine vorgezogene Wahl kategorisch ausgeschlossen. „Das war auch eine Unwahrheit“, sagte sie und fügte hinzu, dass man der Premierministerin nun kein Wort mehr glauben könne.

Ein weiterer Grund für die Blitzwahl sei die Drohung der Liberalen Demokraten gewesen, das Parlament wegen des Brexits lahmzulegen, sagte May. Aber die Liberalen haben gerade mal neun Abgeordnete, und die waren bei der Abstimmung über Artikel 50, der den Brexit einläutet, in drei Lager gespalten. Dass die Liberalen für Neuwahlen gestimmt haben, zeigt eines: Tiefer kann die Partei kaum noch sinken.

Abgeordneter Desmond Swayne

„Truthähne stimmen nicht für Weihnachten“

Bei der Labour Party ist die Lage freilich anders. Sie hätte die Wahlen verhindern können, hätten die Abgeordneten geschlossen dagegen gestimmt. Labour-Chef Jeremy Corbyn sagte jedoch, er begrüße vorgezogene Parlamentswahlen. Der Tory-Abgeordnete Desmond Swayne bemerkte dazu sarkastisch, dass er seinen Wählern neulich versichert habe, es werde keine Neuwahlen geben, weil Labour dagegen stimmen würde: „Truthähne stimmen nicht für Weihnachten.“ Wenn die Umfragen recht behalten, werden die Truthähne am 8. Juni geschlachtet.

Die schottische Regierungspartei Scottish National Party (SNP) enthielt sich bei der Abstimmung. May interpretierte das als Zustimmung zu ihrer Politik. „Jeder, der sich enthält, billigt damit die Regierungspolitik“, sagte sie.

Fernsehdebatten mit den anderen Parteichefs lehnte May ab. „Es liegt auf der Hand, warum sie das nicht will“, sagte Corbyn. „Sie kann nicht erklären, warum die Löhne niedriger sind als vor zehn Jahren. Mehr Haushalte haben sich verschuldet, die Armut von Kindern und Rentnern ist gestiegen.“ Die Wähler in Manchester haben am 4. Mai einen Probelauf. An dem Tag findet eine Nachwahl zum Unterhaus statt. Das Parlament wird am 2. Mai aufgelöst.

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