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Eine Fragedes Respekts

American Pie Basketballprofi Dennis Schröder, der bei den Atlanta Hawks zur zentralen Figur herangereift ist, muss sich nun in den Playoffs beweisen

Zug zum Korb: Washingtons Marcin Gortat (r.) verteidigt gegen Dennis Schröder Foto: dpa

von Thomas Winkler

Dreißig Grad sind vorhergesagt für den Mittwochnachmittag in Texas, ein paar Wolken und eine minimale Regenwahrscheinlichkeit. Es wird ein schöner Tag in Dallas, beste Voraussetzungen für Dirk Nowitzki, in seinem Haus in der Strait Lane, die sie hier die Billionaire’s Row nennen, einen entspannten Tag am Pool mit seinen beiden kleinen Kindern zu verbringen. Nowitzki hat Urlaub, die Dallas Mavericks haben sich nicht für die Playoffs qualifiziert, der beste deutsche Basketballspieler aller Zeiten hat das bedauert. „Schade, dass die Saison schon vorbei ist“, hat er, 38 Jahre alt mittlerweile, gesagt, „ich habe mich in den letzten Wochen so gut gefühlt wie das ganze Jahr nicht.“ Deshalb wird er auch in der nächsten Spielzeit wieder für die Mavericks auflaufen, es wäre seine zwanzigste Saison in der NBA: „Ich spiele definitiv nächstes Jahr. Schlussendlich kann ich mir nicht vorstellen, in einem anderen Trikot zu stecken.“

Am Mittwoch, nach dem Tag am Pool, hat Nowitzki also Zeit. Vielleicht wird er sich, nachdem er den Nachwuchs ins Bett gebracht hat, vor den Fernseher setzen und den Kollegen zusehen, wie sie um den NBA-Titel spielen, den er ein erstes und höchstwahrscheinlich auch letztes Mal im Jahr 2011 gewonnen hat. Er wird dann Dennis Schröder sehen, den er gut kennt aus der deutschen Nationalmannschaft. Denn der darf nach einer wechselhaften Saison mit seinen Atlanta Hawks noch mitmachen bei der Titelvergabe.

Für Schröder und die Hawks geht es darum, ihre Auseinandersetzung mit den Washington Wizards auszugleichen. Denn der Start in die Playoffs lief nicht gut: Am Sonntag gab es eine 107:114-Niederlage im ersten Aufeinandertreffen. Schröder selbst hatte einen guten Tag, sein Gegenspieler John Wall allerdings einen noch besseren. Mit 25 Punkten war der 23-jährige Schröder bester Punktesammler seines Teams, außerdem verteilte der Aufbauspieler 9 Assists. Der drei Jahre ältere Wall hatte dagegen 32 Punkte und 14 Vorlagen – und verhinderte mit einem spektakulären Block einen leichten Korbleger von Schröder.

Das war allerdings nicht spielentscheidend. Eher schon, was Schröders Kollege Paul Millsap so formulierte: „Wir haben Basketball gespielt, die Wizards dagegen MMA.“ MMA steht für Mixed Martial Arts, und bisweilen erinnerte das Geklammere und Geschubse unter den Körben tatsächlich an die boomende Kampfsportart, bei der sich die Gegner in einem Käfig mit Füßen und Fäusten traktieren. Auch Mike Budenholzer, Trainer der Hawks, sah das ähnlich und monierte nach dem missratenen Start in die Playoffs, dass bei seiner Mannschaft „die Intensität über die ganze Spielzeit nicht da war, wo sie sein sollte“. Seine Spieler, so hoffte Atlantas Coach, würden lernen aus der Auftaktniederlage, bei der deutlich zu sehen war, dass Playoff-Basketball eine ganz andere Sportart ist als das Schaulaufen, das über weite Strecken der regulären Saison aufgeführt wird.

NBA-Champions

2016 Cleveland Cavaliers

2015 Golden State Warriors

2014 San Antonio Spurs

2013 Miami Heat

2012 Miami Heat

2011 Dallas Mavericks

2010 Los Angeles Lakers

2009 Los Angeles Lakers

2008 Boston Celtics

2007 San Antonio Spurs

Lernbedarf hat vor allem Schröder. Noch im Februar brach er mit Isaiah Thomas von den Boston Celtics eine über die Medien ausgetragene Fehde vom Zaun, in der auch Mütter beleidigt wurden. Zuvor hatte ihn sein Verein für ein Spiel gesperrt, weil er zu spät von einem Heimaturlaub in Deutschland zurückgekommen war. Dann wurde er von der NBA für ein Spiel suspendiert, weil er einen Schiedsrichter unflätig beschimpft hatte. Und Anfang März setzte Budenholzer den Braunschweiger eine Halbzeit lang auf die Bank, weil der sich auf dem Spielfeld, während das Spiel lief, mit seinem Teamkollegen Dwight Howard angelegt hatte.

Schröder, bemängelt Budenholzer, fehle bisweilen „der Respekt vor seinen Teamkollegen“ und er habe noch Probleme, „seinen Kopf im Spiel zu behalten“. Übersetzt soll das wohl heißen, der junge Deutschen muss noch lernen, mit dem Erfolg umzugehen. Denn im Laufe der Saison hat sich Schröder zur zentralen Figur im Spiel der Hawks entwickelt, immer öfter war er nicht nur Ballverteiler, sondern übernahm von Millsap auch zunehmend die Rolle als wichtigster Punktesammler. Nun allerdings wird Schröder beweisen müssen, dass er in der Lage ist, eine Mannschaft nicht nur sportlich, sondern auch mental in den Playoffs zu führen. Sonst kann er demnächst Dirk Nowitzki und dessen Pool in Dallas einen Besuch abstatten.

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