: Die Regierungsbildung in Sofia wird wieder schwierig
Bulgarien Die konservative Gerb-Partei des Exfeuerwehrmanns Boiko Borissow ist Wahlsieger
Der Urnengang galt als Richtungswahl hinsichtlich der Politik Sofias gegenüber der EU, der Bulgarien seit 2007 angehört. Während die Chefin der Sozialisten, Kornelia Ninowa, und Präsident Rumen Radew ein Ende der Sanktionen gegen Russland und eine engere Zusammenarbeit mit Moskau fordern, tritt Borissow für „pragmatische“ Beziehungen zu Moskau ein und ist ein treuer Verfechter von Nato- und EU-Positionen.
Borissow hatte bereits eine Koalition mit nahezu allen Parteien ausgeschlossen. In Frage kommen lediglich die drittplatzierten Vereinten Patrioten, bei denen es sich um ein Bündnis nationalistischer Parteien handelt, sowie die Partei Wolja (Wille) des Geschäftsmanns Weselin Mareschki, der sich gern als bulgarischer Donald Trump bezeichnen lässt. Zunächst war aber noch unklar, ob seine Partei die Vier-Prozent-Hürde geschafft hat.
Das einst kommunistische Bulgarien gehört seit 2004 der Nato an, 2007 folgte der EU-Beitritt. Bulgarien ist der ärmste der 28 EU-Mitgliedstaaten. Das Durchschnittseinkommen liegt bei 480 Euro im Monat. Korruption ist weit verbreitet.
Der ehemalige Feuerwehrmann Borissow hatte als Leibwächter für den letzten kommunistischen Staatschef Bulgariens gearbeitet und wurde dann vom Polizeichef zum Bürgermeister der Hauptstadt Sofia. Von 2009 bis 2013 sowie von 2014 bis 2017 war er Ministerpräsident. Die Sozialisten regierten unter anderem von 2005 bis 2009 sowie von 2013 bis 2014. Seine ersten beiden Amtszeiten hatte Borissow mit einem Rücktritt beendet: 2013 beugte er sich Massenprotesten, und im November vergangenen Jahres reagierte er auf die Niederlage der von ihm vorgeschlagenen Kandidatin.
Überschattet wurde die Wahl von Betrugsvorwürfen. So sollen etwa Stimmen für 15 Euro verkauft worden sein, die Staatsanwaltschaft leitete zahlreiche Ermittlungsverfahren ein.
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