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Lass uns nicht vom Israel-Boykott reden

POPMUSIK Der Sound der großen weiten Welt: Die israelische Sängerin Sivan Talmor tritt im Norden auf

Segen und Fluch, so ein Pass. Der von Sivan Talmor ist der israelische, und das beschert ihr besondere Aufmerksamkeit. Wenn sie nun ein paar Abende lang in Deutschland auftritt, wird da nicht zum Boykott ihrer Konzerte aufrufen müssen, wer mit der Sache der Palästinenser sympathisiert? Gehen andere nicht erst recht hin – bloß nicht wegen der Musik, sondern um sich gerade zu machen gegen die als antisemitisch gelesene Israel-Boykott-Bewegung allerorten?

Käme sie von anderswo her, es würde vielleicht mehr geredet über ihre ausgebildete Stimme – Talmor hat in Musicals gesungen und gewann bei der israelischen Version der Talentshow „The Voice“. Oder über das Songwriting ihres zweiten Albums „Fire“: Aus Folk speist es sich und aus träumerischem Pop, mal mehr, mal weniger in den 1960ern wurzelnd. Über Arrangements, die auch mal gekonnt in Kitschnähe schwelgen: Da klingt mal vergangene Casino-Grandezza an, dann wieder ein wilder Westen, so künstlich, wie ihn sich vor Jahrzehnten auch Lee Hazelwood zusammenfantasierte.

Der Sound wirkt, als wolle da jemand so wenig wie möglich auf irgendeine Herkunft festgelegt werden. So sollten es auch englische Texte sein, nach dem durchweg hebräischen Debüt „Luna Park“ von 2012. Auch das aber weniger eine Frage von Politik als – Intimität: „Wenn ich Englisch singe, fühle ich mich wie hinter einem Duschvorhang“, hat sie mal gesagt. „Jeder kann mich sehen. Und doch fühle ich mich geschützt, gerade weil Englisch nicht meine Muttersprache ist.“ Aber auch das: Bitte nicht mit einem politischen Standpunkt verwechseln! Auch wenn vieles von dem, was die Regierung tue, ihr missfalle, auch das hat sie gesagt: Sie sei stolz auf ihr Land. ALDI

Sivan Talmot live: heute Bremen, Moments (ab 20.05 Uhr live auf Nordwestradio); 15. 3., Kiel, Medusa; 16. 3., Lübeck, CVJM; 17. 3., Hamburg, Stubnitz

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