Rechtsextreme Fußballfans: Nazis auf Samba-Reise

Die Hammer Spielvereinigung hat ein Problem mit ihren Anhängern. Nach einem Platzsturm und antisemitischen Gesängen ermittelt der Staatsschutz.

Vor einer Zuschauertribüne steht eine rot-weiße Fahne auf einem grünen Fußballfeld

Die Hammer Spielvereinigung kriegt ihre Fans nicht in den Griff Foto: imago/Thomas Bielefeld

Von dem Nazi-Problem auf der Dortmunder Südtribüne hat fast jeder gehört. Die Probleme kleinerer Vereine dringen kaum durch. In Hamm etwa, gut 40 Kilometer nordöstlich von Dortmund gelegen, sorgen rechtsradikale Fans für Unruhe. Gegen Anhänger des Oberliga-Zweiten, der Hammer Spielvereinigung, ermittelt gerade die Polizei und der Staatsschutz.

Vor zwei Wochen kam es beim Spiel der Hammer Spielvereinigung gegen den SV Lippstadt zu einem Platzsturm sowie antisemitischen Gesängen durch Hammer Gästefans. Die Polizei ermittelt wegen Hausfriedensbruchs und Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz. Überdies ermittelt die Abteilung Staatsschutz wegen Volksverhetzung gegen sechs Personen, die meisten wohnhaft in Dortmund.

Auch Max Neumann, bis zum Donnerstag amtierender Fanbetreuer der Hammer Spielvereinigung, steht unter Verdacht, mit Rechten zu sympathisieren. Bei seiner Rücktrittserklärung am Donnerstag verwahrte er sich jedoch noch einmal ausdrücklich dagegen.

Die kleine Fanszene in Hamm hatte auf Initiative des 20-jährigen Fanbetreuers einen Reisebus fürs Spiel in Lippstadt gemietet, um möglichst vielen Anhängern, darunter laut Westfälischer Anzeiger auch die Krawallmacher, eine „Samba-Fahrt“ (Fan-Flyer) zum Spiel zu ermöglichen. Sambastimmung kam jedoch nicht auf. In der zweiten Halbzeit musste das Spiel der 5. Liga unterbrochen werden, weil es zum Platzsturm kam. „SV Lippstadt, Jude, Jude, Jude“ und „frei, sozial und national“ wurde gerufen.

Auf der klubeigenen Internetseite positioniert sich der Verein klar gegen Rassismus. Der Vize-Präsident Dennis Kocker ist als Fraktionsleiter der SPD im Stadtrat Hamm sowie als Vorsitzender des Stadtsportbundes aktiv. Im Januar war der freie Journalist und Autor des Fußballbuches „Angriff von Rechtsaußen“, Ronny Blaschke, beim Stammtisch des Stadtsportbundes Hamm zu Besuch. Er referierte zum Thema „Rote Karte für den Rechtsextremismus im Hammer Sport“. Doch die Vereinsführung in Hamm wird den rechten Krawallos in der eigenen Fanszene nicht Herr. Auch nach mehrfachem Bitten stand Vize-Präsident Kocker für kein Gespräch zur Verfügung.

Ein altes Nazi-Problem

Markus Schwerin vom hae­kel­club 590, einem Hammer Jugendbündnis gegen rechts, kennt die Nazi-Szene in Hamm und berichtet über altbekannte Probleme unter den Fans: „Bereits 2004 und 2005 gab es viele organisierte Nazis in der Hammer Fanszene. Damals hat es die Vereinsführung geschafft, sie aus dem Stadion zu verdrängen.“ Doch im August des Vorjahres kam es beim Spiel der beiden Vereine Hamm und Lippstadt zu Schlägereien unter Fans. Eine Polizistin stellte sich einem 18-Jährigen in den Weg, der daraufhin auf sie losging. Es handelte sich um einen einschlägig bekannten Rechtsradikalen, berichtete die Antifa Hamm damals.

Die „Rote Karte“, die am Stammtisch ausgesprochen wurde, kam wohl nicht deutlich genug bei allen Vereinsmitarbeitern der Hammer Spielvereinigung an. Die Recherche der Antifa Hamm belastet nun auch den Exfanbetreuer Neumann. Ihm werden Facebook-Kontakte zu jenen Nazi-Fans sowie zu Personen von der Partei „Die Rechte“ in Hamm nachgewiesen. Ebenso soll er Kontakt mit einem Bandmitglied der rechten Musikergruppe „Sleipnir“ haben. Die Band soll, laut Markus Schwerin, dem rechten Untergrundnetzwerk von Blood & Honour nahestehen. Bei Facebook verfolgt Neumann rechtspopulistische Seiten, wie „Freie Medien“ und „Gegen den Strom“. Jene Seiten widmen sich der Hetze gegen seriöse Medien und diskriminieren Geflüchtete.

Auf Nachfrage der taz betonte Neumann, er habe „mit Nazis nichts zu tun“. Für weitere Nachfragen stand er nicht zur Verfügung. Am Donnerstag erklärte er überraschend im Westfälischen Anzeiger seinen Rücktritt als Fanbetreuer: „Ich distanziere mich von dem, was an diesem Tag im Stadion passiert ist. Ich distanziere mich politisch von allem, denn ich bin politisch nicht aktiv.“ Neumann betonte, dass er nicht „in den Vorverkauf der Tickets für die Busfahrt involviert war“. Dabei war er auf einem Flyer als Kontaktmann für die Fahrt angegeben. Zu den Vorwürfen aus den veröffentlichten Recherche-­Ergebnissen schweigt Neumann.

Am kommenden Sonntag erwartet die Hammer Mannschaft SV Westfalia Rhynern. In Hamm, wo der ehemalige Nationalspieler David Odonkor die Rolle des sportlichen Leiters übernommen hat, hofft man, dass es diesmal ruhig bleibt.

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