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„Das Pferd ist einfach besser“

ZUrück in die Zukunft Der Landwirt und Agrarberater Klaus Strüber über das Pflügen mit Pferdekraft und die positiven Effekte für den Boden

Foto: privat
Klaus Strüber

47, hat Maschinenbau studiert und Landwirtschaft gelernt. Er arbeitet auf dem Demeter-Hof Hollergraben in der Holsteinischen Schweiz und als Agrarberater.

Interview Jan Kahlcke

taz: Herr Strüber, woher kommt die Redewendung „arbeiten wie ein Pferd“?

Klaus Strüber: Daher, dass das Pferd sehr viel Kraft hat. Pferde haben ja oft in der Landwirtschaft die Menschen abgelöst – und die waren immer beeindruckt, wie viel Pferde leisten.

Dann haben Maschinen das Pferd abgelöst. Und nun kommt ein Maschinenbauer wie Sie und sagt: Jetzt lösen wir mal die Maschinen durch das Pferd ab. Warum?

Am ersten Tag meiner Ausbildung zum Landwirt auf einem Demeter-Hof war ich sehr glücklich, weil ich einen geschlossenen Stoffkreislauf erlebt habe, vom Dung im Stall hin zum Feld; es kommt als Weizen zurück. Aber der Diesel-Stoffkreislauf ist in fast keinem Ökobetrieb geschlossen. Es ging mir um die Energie: Wie kann man selbst den Zugkraftbedarf im Ackerbau erzeugen. Da war ich ganz fix beim Pferd, weil das Pferd das jahrtausendelang gemacht hat. Das Pferd ist die effizienteste Art, aus Grünlandmasse Zugkraft zu gewinnen, bis heute. Da kommen keine Biogasanlage und kein Biosprit mit. Der einzige Nachteil ist, dass es langsamer als der Traktor ist. Deswegen ist der Traktor im Zuge der Rationalisierung der Landwirtschaft auf dem Vormarsch.

Wäre das okay, wenn die Biobetriebe den Diesel komplett selbst erzeugten?

Es gibt da noch ein Problem: die Bodenverdichtung. Laut Umweltbundesamt sind 30 Prozent der Böden in Deutschland verdichtet. Wenn wir heute auf die Starkregenereignisse kucken, ist das eine wichtige Sache. Ein Professor der Uni Kiel, ein Bodenkundler, sagte mir: Wenn die Landwirtschaft nicht aufgehört hätte, mit Pferden zu arbeiten, hätten wir heute nicht diese Hochwasserproblematik. Die Böden können das Wasser nicht mehr aufnehmen. Ich habe mit ihm einem einen Versuch gemacht: Wir haben meine beiden Pferde mit einem kleinen Traktor verglichen. Das Ergebnis war phänomenal. Binnen drei Jahren waren bei der Wasserhaltefähigkeit und beim Luftporenvolumen deutliche Unterschiede festzustellen. Das sind wichtige Grundfunktionen zum Humusaufbau. Da ist das Pferd einfach besser.

Nur eben langsamer …

Ja, aber diese Ergebnisse haben mich motiviert, zu schauen: Wie kommen wir mit dieser Langsamkeit hin? Pferde sind nicht unbedingt teurer, wenn das entsprechende Konzept dazu da ist. So bin ich dann auf die solidarische Landwirtschaft gekommen, in er Hoffnung, dass ich so den reellen Preis auch bekommen kann.

wo die Verbraucher den ökologischen Effekt honorieren.

Ja, aber nicht nur das. Ich kann jetzt nicht sagen: Ich mach alles doppelt so teuer. Aber ich kann sagen: Mit der solidarischen Landwirtschaft habe ich seit 50 Jahren mal wieder ein Konzept, wo „Wachsen oder weichen“ aufhören darf. Mit einer sehr effizienten und fairen Direktvermarktung kann man auch auf kleinen Flächen wirtschaften, und da ist das Pferd einfach toll.

Warum eigentlich Pferde und keine Ochsen?

Gute Frage. Ich bin aufs Pferd gekommen, weil es in Norddeutschland normaler war. Ich habe letztes Jahr das erste Mal mit Kühen gepflügt – und das geht total gut. Der Ochse hat ein paar gute Argumente für sich. Ponys gehen auch, da muss man einfach die Zuglasten pferdegerecht anpassen.

Pferdegerecht? Das sehen Tierschützer vielleicht anders …

Glücklicherweise hab ich bisher keine Kritik erlebt. Tiergerechtigkeit ist für mich kein hohler Begriff. Die Menschheit hat den Pferden den Lebensraum genommen. Das heißt: Wenn wir Menschen sie nicht mehr hielten, würden die Pferde aussterben. Der Einsatz in der Landwirtschaft ist für mich was Vernünftiges. Unsere Pferde kommen jeden Tag raus, werden gut gefüttert. Und sie haben eine Arbeitsbewegung, die ihnen entspricht, denn es sitzt kein Reiter oben drauf. Sie müssen ziehen, aber nicht zu viel. Ich halte mich da an Empfehlungen von Tierärzten. Und sie kommen auf eine Kilometerzahl, die sie in freier Natur auch laufen würden. Ich denke, die Pferde kommen gut zurecht.

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